Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland.
2) Als solcher ist er Herr der ganzen Erde und alle Länder
gehören ihm. Die Könige und Fürsten haben sie von ihm zu
Lehen, und er kann, wenn sie ihm nicht gehorchen, sie absetzen
und ihr Land einem gehorsamen Fürsten geben. Der Papst kann
auch allein den königlichen Titel und die königlichen Ehren ver¬
leihen.
3) Die ganze weltliche Gewalt der Fürsten ist ein Ausfluß
der geistlichen Macht und muß nach den Winken des Priester¬
thums verwaltet werden. Dieses richtet die weltlichen Gewalt¬
haber; dagegen wird es selbst von Niemand als von Gott gerichtet.
4) Der Papst ist als Statthalter Christi das absolute Ober¬
haupt aller Christen und mit aller Fülle der Gewalt bekleidet, die
Christus selbst hat. Er hat die ganze gesetzgebende und vollziehende
Gewalt in der Kirche allein im Besitz, und durch den heiligen
Geist werden alle seine Aussprüche unfehlbar. Daher muß ihm
auch Alles den unbedingtesten Gehorsam leisten, und allen seinen
Aussprüchen in Glaubenssachen, Ceremonien und allen Kirchen¬
angelegenheiten sich schlechthin unterwerfen.
5) Er allein hat das Recht, Kirchenversammlungen zusammen¬
zurufen, sie zu leiten, ihre Beschlüsse zu bestätigen oder zu ver¬
werfen.
6) Vermöge der Fülle seiner Gewalt kann er von allen Eiden
und von allen Versprechungen entbinden, alles Recht aufheben und
alle Sünden vergeben.
7) Er ist der höchste Bischof der Christenheit, der allgemeine
Vater der Christen. Alle andern Bischöfe sind nur von ihm be¬
stellte Vicarien und ihm zum gänzlichen Gehorsam verpflichtet. Er
stellt sie an und setzt sie ab nach seinem Wohlgefallen.
8) Die Bischöfe und alle ihnen untergeordnete Priester müssen
allein den Befehlen des Papstes gehorchen; den weltlichen Obrig¬
keiten dagegen dürfen sie nur in so weit gehorchen, wie es ihnen
der Papst erlaubt. Denn man muß Gott und dem Papste, seinem
Stellvertreter, mehr gehorchen als den Menschen.
9) Als alleiniger Bischof der Kirche ist auch der Papst der
Eigenthümer aller Kirchengüter, über welche die weltliche Obrigkeit
nur in so weit, wie der Papst es erlaubt. Macht hat.
10) Die weltliche Obrigkeit darf auch die Priester nicht vor
ihre Gerichte ziehen, sondern sie stehen allein unter dem Papste.
Die weltliche Obrigkeit hat daher auch kein Recht, die Befehle des
Papstes an die Bischöfe zu controliren oder deren Bekanntmachung