Justinian. Gelimer. Belisar. 
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wäre. Da beschloß ein kräftiger griechischer Kaiser, Justinian, 
der um das Jahr 550 regierte (527-^-565), Italien wiederzuerobern, 
und es gelang ihm auch nach 'vielen und harten Kämpfen (536—555) 
durch seine beiden großen Generale Belisar und Narses; denn 
ein so großer Gesetzgeber auch der Kaiser war, so suhlte er doch, 
daß er kein geschickter Feldherr fei, und blieb daher klüglich zu 
Hause. Aber nicht allein das ostgothische Reich in Italien 
warf er über den Haufen, sondern er hatte vorher schon auch das 
vandalische Reich in Nordafrika erobert (534). Einige Züge ans 
diesem vandalischen Kriege sind merkwürdig. Der König der Van¬ 
dalen, Gelimer, war vor dem tapfern Belisar ins rauhe Atlas¬ 
gebirge geflohen. Hier fehlte es ihm an Allem, während Belisar in 
der Hauptstadt Karthago seinen Einzug hielt. Gelimer wurde end- 
. lich von einem griechischen Unterfeldherrn (Pharas) gar eng ein¬ 
geschlossen. Da redete ihm dieser zu, sich dem Kaiser zu er¬ 
geben. „Wäre es nicht besser," schrieb er ihm, „daß du bei den 
Griechen betteln gingest, als daß du bei den Vandalen ver¬ 
hungerst? Füge dir doch nicht selbst größeres Uebel zu, als deine 
Feinde dir zufügen wollen." — Der König gab ihm die Antwort: 
„Ich will nicht der Sklave eines ungerechten Feindes sein, den ich 
mit keinem Worte beleidigt hatte und der mich doch mit Krieg 
verfolgt. Er ist ein Mensch wie ich; auch ihn kann noch, wie 
mich jetzt, die Hand des Unglücks ergreifen. Mehr kann ich nicht 
schreiben; die Größe meines Unglücks raubt mir die Gedanken. 
Lebe wohl! Ich bitte dich, sende mir eine Cither, ein Brot und 
einen Schwamm. Mit dem Brote will ich meinen quälenden 
Hunger stillen, mit dem Schwanke meine Thränen trocknen und 
mit der Cither meinen Gram zerstreuen." Er erhielt das Ver¬ 
langte ; aber seine Noth nahm immer mehr zu; zuletzt sah er, wie 
seine eigenen Verwandten verhungerten, und nun erst ergab er sich. 
Als er mit dem Sieger Belisar zusammentraf, schlug er ein lautes 
Gelächter aus. Man sah ihn verwundert an und glaubte, er habe 
den Verstand verloren; er aber sprach: „Ich bin von königlichem 
Geblüt, selbst König gewesen, habe gelebt in Pracht und Ueberfluß, 
und nun? — Nun bin ich halb verhungert, ein elender Gefangener! 
Muß ich da nicht über die Eitelkeit und Vergänglichkeit aller mensch¬ 
lichen Hoheit lachen?" — Als man ihn nach Eonstantinopel brachte, 
in die kaiserliche Rennbahn führte und er vor Justinian, der im 
kaiserlichen Schmucke auf dem Throne saß, niederknieen sollte, ließ 
er keine Thräne fallen, keine Seufzer hören; aber er biß die Lippen
	        
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