Gebhard von Cöln. 
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da er als katholischer Geistlicher nicht heirathen durfte, so beschloß 
er, zur evangelischen Kirche überzutreten. Er hoffte dabei, die 
evangelischen Fürsten würden sich seiner annehmen, und er wünschte, 
bis an seinen Tod Kurfürst bleiben zu können. Dieser Schritt er¬ 
regte großes Aufsehen; das Domstift erklärte sich sogleich gegen 
ihn, ebenso der Magistrat in Cöln. Der Papst und mehrere geist¬ 
liche und weltliche Fürsten mahnten ihn dringend ab; aber seine 
Neigung zu Agnes hatte ihn so verblendet, daß er nicht mehr zu¬ 
rücktreten konnte. Der Papst that ihn nun in den Bann, „als 
einen mit unzähligen Verbrechen befleckten Ketzer und meineidigen 
Rebellen der römischen Kirche." Auch der Kaiser erklärte sich gegen 
ihn; und zuletzt blieb ihm nichts übrig, als sein Land und seine 
Würde aufzugeben und sich mit seiner Gemahlin in Straßburg 
niederzulassen. Dort hat er noch 28 Jahre lang gelebt. 
Nicht blos die Katholiken, auch die Lutheraner, wie 
schon gesagt, zeigten eine recht verwerfliche Unduldsamkeit. Es 
war ihnen nicht genug, daß sie die Reformirten als abscheuliche 
Ketzer verschrieen; auch die lutherischen Geistlichen setzten eine 
bittere Feindschaft gegeneinander fort. Wich nämlich einer nur im 
geringsten von den Worten Luthers ab, und näherte sich nur in 
etwas der reformirten Lehre, so wurde er gleich als ein Ketzer an¬ 
gefeindet und von seinem Amte entsetzt. Damit kein Geistlicher 
angestellt würde, der etwa heimlich dem reformirten Glauben zu¬ 
gethan wäre, so entwarfen mehrere Theologen in Sachsen eine 
Schrift, die genau vorschrieb, was nach Luthers Lehre geglaubt 
und gelehrt werden sollte. Man nannte die Schrift die Concor- 
dienformel (1580), und kein Geistlicher erhielt ein Amt, wenn 
er sie nicht beschworen hatte. Am ärgsten zeigte sich dieser un¬ 
christliche Sinn in Sachsen. Schon vor Bekanntmachung der Con- 
cordienformel hatten sich viele Geistliche und Schullehrer zu der 
milden Lehre Melanchthons geneigt, der mit der starren Abend¬ 
mahlslehre Luthers nicht übereingestimmt hatte. Die strengen 
lutherischen Eiferer schrieen über diese heimlichen Reformirten — 
Krypto-Calvinisten nannte man sie — Zeter und verleiteten 
den sonst gutgesinnten Kurfürst August, Moritz' Bruder, mehrere 
gefangen setzen, ja sogar foltern zu lassen und vom Amte zu ent¬ 
fernen. Das Schicksal traf auch Melanchthons Schwiegersohn, Dr. 
Peucer, kurfürstlichen Leibarzt, einen allgemein geschätzten Mann, 
der trotz der Gunst, in der er beim Kurfürsten stand, auf das 
Geschrei jener Eiferer seines Amtes entsetzt, 12 Jahre lang ein-
	        
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