98 Neueste Geschichte. 1. Periode. Freiheitskampf. 
Diese hatten sich inzwischen bis auf 100,000 Mann verstärkt. 
Napoleon aber führte ihnen 140- bis 150,000 Mann entgegen 
und nach einer blutigen Schlacht, in welcher ihm einer seiner besten 
Feldherrn, der Marschall So ult, zur Seite stand, nöthigte er sie, 
ihre Stellung bei Bautzen aufzugeben. Die beiden Herrscher wollten 
hier, wie bei Groß-Görschen, den Kamps noch nicht bis aufs äußerste 
treiben, weil sie noch große Verstärkungen zu erwarten hatten und 
auf den baldigen Anschluß Oestreichs hofften. Sie führten iyre 
Heere nach Schlesien, wohin Napoleon sie verfolgte; aber sie ließen 
ihn merken, daß es keine Flucht war, denn oft wandte sich ihr 
Nachtrab um und brachte seinem Vortrab empfindliche Verluste 
bei. Er nahm deshalb einen angebotenen Waffenstillstand auf sechs 
Wochen (am 4. Juni) gern an. In Preußen sah man trotz der 
bisher erlittenen Nachtheile den Waffenstillstand nicht gerne; der 
König aber sagte in einer öffentlichen Erklärung: „Der Waffen¬ 
stillstand ist angenommen, damit die Nationalkraft, die mein Volk 
bis jetzt so ruhmvoll gezeigt hat, sich völlig entwickeln könne. Bis 
dahin war uns der Feind an Zahl überlegen, und wir konnten 
nur erst den alten Waffenruhm wieder gewinnen; wir müssen jetzt 
die kurze Zeit benutzen, um so stark zu werden, daß wir auch 
unsere Unabhängigkeit wieder erkämpfen. Beharrt in eurem festen 
Willen, vertraut eurem Könige, wirkt rastlos fort und wir werden 
auch dieses Ziel erreichen." 
Während des Waffenstillstandes erregte die Vernichtung der 
Lützow'schen Reiterschaar viel Theilnahme. Der Major von Lützow 
hatte sich mit einer Schaar kühner Reiter in den Rücken der fran¬ 
zösischen Armee begeben und dieselbe fortwährend beunruhigt. Bei 
Abschluß des Waffenstillstandes wurde festgesetzt, daß diese Reiter 
bis zum 12. Juni über die Elbe zurückgekehrt sein sollten; sie be¬ 
kamen jedoch die Nachricht zu spät, und wurden, als sie sich am 
17. Juni noch jenseit der Elbe zeigten, von der französischen 
Reiterei überfallen und zum Theil niedergemacht. Der größere 
Theil jedoch wurde nur zersprengt und wußte zu entkommen. 
Oestreich hatte unterdessen seine Rüstungen fast vollendet, 
richtete aber feine Anstrengungen zunächst auf die Vermittelung 
eines für Deutschland ehrenvollen Friedens. In Prag wurde 
deshalb ein Congreß gehalten, bei welchem Preußen und Rußland 
auf Oestreichs Absichten eingingen; auch Napoleon schien zuerst 
dazu geneigt, aber bald zeigte sich, daß er damit nur Zeit gewinnen 
wollte, um seine ungeheuren Truppenmassen aus Frankreich ganz
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.