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150 Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich.
zuerst nach Prag, dann nach Görz in Jllyrien begab, wo er 1836
starb. Seitdem war in den Augen der treuen Anhänger des alten
bourbonischen Königshauses (Legitimsten) der Sohn der Her¬
zogin von Bern), Heinrich, Herzog von Bordeaux (Heinrich V.)
der rechtmäßige König von Frankreich.
Obwohl die Erhebung des Herzogs von Orleans den ent¬
schiedenen Republikanern ein großes Aergerniß war, so gelang
es doch Lafayette's Energie, die Versuche zu neuer Erregung des
Aufstandes zu unterdrücken. Am 3. August eröffnete der General¬
statthalter die Kammern, und kaum hatten sich diese constituirt,
so wurde sofort der Vorschlag gemacht, demselben die Krone von
Frankreich anzutragen. Nur wenige Stimmen wagten es, sich
für die alte Königsfamilie zu erheben, sie wurden durch die fast
allgemeine Uebereinstimmung der übrigen Mitglieder bald zum
Schweigen vernrtheilt, und nachdem der wichtige Beschluß gefaßt
war, begab sich die ganze Kammer, von der Nationalgarde begleitet,
nach dem Palais royal, um dem Herzog den Willen der Nation
zu verkündigen.
Der Herzog empfing die Abgeordneten, umgeben von seiner
ganzen blühenden Familie, in einem Prachtsaale. Laffitte las die
von der Kammer angenommenen Beschlüsse vor, in denen auch die
Bedingungen enthalten waren, unter welchen der Herzog den Thron
übernehmen sollte. Dieser erwiederte sodann, daß er die Erklärung
der Kammer mit tiefer Bewegung annehme, daß er dieselbe für
den Ausdruck des allgemeinen Volkswillens halte und daß sie mit
den politischen Grundsätzen übereinstimme, die er sein ganzes Leben
hindurch bekannt habe. Ohne Ehrgeiz, an ein ruhiges Familien¬
leben gewöhnt, habe er immer den Wunsch gehegt, daß es nie sein
Loos sein möge, zum Thron bestimmt zu sein; aber unter den Ge¬
fühlen, die sein Herz bewegten, beherrsche eines alle übrige, das
sei die Liebe zum Vaterlande. Er wisse, was diese gebiete, und
werde demgemäß handeln. — Darauf umarmte er Laffitte und
erschien mit diesem und mit Lasayette auf dem Balcon, wo ihn
der jubelnde Zuruf: „Es lebe der König!" begrüßte.
Noch an demselben Tage trat die Pairskammer den Beschlüssen
der Deputirtenkammer bei und am 9. August schon fand die feier¬
liche Einsetzung des neuen Königs statt. Unter dem Donner der
Kanonen näherte sich der Generalstatthalter dem Sitz der Depntirten,
wo ihn bei seinem Eintritt lauter Jubel begrüßte. Er beschwor
die neue Charte, welche in mehreren Punkten dem Volke größere