Vorparlament in Frankfurt.
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Bungert eines andern Theils der Versammlung erwählten die Ge¬
mäßigten auch einen Reichsverweser in der Person des volksthüm-
lichen Erzherzogs Johann von Oestreich, welcher am 11.
Juli seinen Einzug in Frankfurt hielt, aus den Händen des bis¬
herigen Präsidenten des Bundestags die von diesem bis dahin
ausgeübte Gewalt übernahm und ein verantwortliches Ministerium
ernannte.
Die Nationalversammlung, in einem großen Theile ihrer
Mitglieder von dem aufrichtigsten Willen für Deutschlands Wohl
und von gemäßigten Gesinnungen erfüllt, ging nun an das große
Werk der Verfassungsberathung und zwar sollten zuerst die Grund¬
rechte der deutschen Nation festgestellt werden; aber bei der großen
Verschiedenheit der Grundansichten und bei der sich immer ver¬
größernden Zersplitterung in kleine Parteien schritt das Werk nur
sehr langsam fort, und nach und nach wurde die Theilnahme des
deutschen Volks für die endlosen und unfruchtbaren Erörterungen
des Parlaments sehr abgeschwächt. Je mehr später die einzelnen
Regierungen, besonders die preußische, wieder an selbständiger Kraft
gewannen, desto weniger waren sie geneigt, sich den Beschlüssen
der Nationalversammlung unbedingt zu fügen, wodurch dieselbe
vollends an innenn Halt und an Bedeutung verlor.
Einstweilen ruhte jedoch bei derselben in den Augen des
deutschen Volks die höchste Entscheidung über die inneren und selbst
über die äußeren Angelegenheiten Deutschlands, und als daher
über den Abschluß des Waffenstillstandes zu Malmöe zwischen
Preußen und Dänemark überall eine gewaltige Aufregung entstand,
blickten die Volksführer auf Frankfurt mit der Hoffnung, daß die
Nationalversammlung denselben nicht genehmigen würde. Als den¬
noch die Mehrheit der Versammlung sich nach einigem Schwanken
für die Annahme des Waffenstillstands erklärte, da hielten die
Revolutionsmänner den Augenblick für günstig, um die Leidenschaft
des erregten Volks zu neuen gewaltsamen Thaten anzufachen. Auf
der Pfingstweide bei Frankfurt wurde eine stürmische Versammlung
gehalten und beschlossen, die Mehrheit des Parlaments als „Hoch-
verräther" zum Austritt .zu zwingen. Als dies durch Militär¬
macht gehindert worden, brach am 18. September ein Aufstand
und Barricadenkarnpf in Frankfurt los, welcher zwar unterdrückt
wurde, bei welchem aber zwei muthige preußische Volksvertreter,
Fürst Lichnowsky und General von Auerswald, auf die
scheußlichste Weise ermordet wurden. Dieselben waren vor das