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Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. 
theilen. Die Hinrichtungen geschahen durch eine besondere Ma¬ 
schine, die Guillotine. Sie war der Maschine ähnlich, mit welcher 
man bei uns Pfähle einzurammen pflegt. An dem herabfallenden 
Klotze war ein scharfes Beil, welches dem untenliegenden Unglück¬ 
lichen in einem Augenblicke den Kopf abschnitt. So konnte man 
in einer Stunde eine Menge ums Leben bringen. Eine entsetzliche 
Arbeit! — Da das Volk, an solche Mordscenen noch nicht genug 
gewöhnt, zu murren anfing, so beschlossen die Jacobiner, die Un¬ 
glücklichen mit einem Streiche, ohne förmlichen Proceß ermorden 
zu lassen. Der Pöbel wurde aufgereizt, die Gefängnisse zu stürmen. 
Gedungene Mörder zogen mit Säbeln, Keulen und Piken aus, um 
die Ermordung zu vollziehen. Vor jedem Gefängnisse saß ein 
nichtswürdiger Mensch (einer unter diesen war der berüchtigte 
Maillard) mit der Liste der darin sitzenden Gefangenen. Diese 
wurden herausgeschleppt und von den bereitstehenden Mördern 
niedergehauen, während andere die Leichen fortschleppten.*) Diese 
*) Unter den Schreckensscenen jener Tage hier nur zur Probe eine. Die 
liebenswürdige Prinzessin von La mb alle war, weil sie eine Freundin der 
Königin, auch ins Gefängniß gesetzt worden. Beim Ausbruche der Revolution war 
sie glücklich über die Grenze gekommen. Aber als ihr die Königin eine Locke 
ihrer durch den täglichen Kummer schneeweiß gewordenen Haare — obgleich sie 
erst 36 Jahr alt war — in einen Ring gefaßt, geschickt hatte, mit der Devise: 
„Durch das Unglück gebleicht," so war sie sogleich, wider den Rath der Königin 
nach Paris zurückgekehrt, um mit ihr jedes Schicksal zu theilen. Am 3. Sep¬ 
tember wurde sie hinausgeschleppt, um, wie man ihr sagte, in ein anderes Ge¬ 
fängniß, in die Abtei, gebracht zu werden. Das hieß aber so viel, als daß sie 
ermordet werden sollte. Man fragte sie, ob sie der Freiheit und Gleichheit 
Treue, dem Könige und der Königin aber Haß zuschwören wolle. „Das erste 
will ich gern schwören," antwortete sie, „das letzte aber vermag ich nicht; denn 
mein Herz widerspricht einem solchen Eide." — „Bringt Madam? nach der 
Abtei!" rief der Richter den Mördern zu. Zwei Kerle ergriffen sie und führten 
sie über geschlachtete Menschen hinweg, während ein dritter durch einen Keulen¬ 
schlag sie zu Boden streckte. Dann hieb man ihr den Kopf ab, steckte ihn auf 
eine Pike und schleifte den blutenden Körper durch die Straßen. Ein scheu߬ 
licher Kerl ging voran; er trug ihr Herz, hatte sich ihre Eingeweide um den 
Arm gewunden und rühmte sich nachher, ihr Herz aufgegessen zu-haben. Den 
Kops aber trug der Pöbel nach dem Tempel; die Gefangenwärter befahlen dem 
Könige und der Königin ans Fenster zu treten. Der Munizipalbeamte indeß, 
welcher die Wache im Zimmer hatte, schloß das Fenster und ließ die Vorhänge 
herab, so daß man nichts sehen konnte. Auf die Frage des Königs, was draußen 
vorging, erwiderte ein junger Offizier: „Nun, weil Sie es denn wissen wollen 
— man will Ihnen den Kopf der Frau von Lamballe zeigen." Bei dieser Nach¬ 
richt war die Königin von Entsetzen ergriffen; es war dies der einzige Moment,
	        
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