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Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
Heer an der Küste des Kanals und traf Vorbereitungen zu einer
Landung in England. Während dessen machte er auch Anstalten,
den Thron von Frankreich Meder auszurichten, um sich selbst
darauf zu setzen. Nur war die Sache mißlich, da nur wenige
Franzosen eine Alleinherrschaft wünschten, und dieselbe nicht ihm,
sondern den vertriebenen Bourbons gönnten; die andern dagegen
waren zum Theil noch immer für eine republikanische Regierung
eingenommen, trotz der Übeln Erfahrungen, die man mit dieser
Art Regierung schon gemacht hatte. Für seinen Plan war ihm
eine Verschwörung recht gelegen, die im Februar 1804 in Paris
entdeckt wurde. Der verdiente General Pichegrn war schon seit
mehreren Jahren aus seinem Vaterlande verbannt und hatte von
Bonaparte die Erlaubniß, dahin zurückzukehren, nicht erhalten
können; daher haßte er ihn bitter. Jetzt kam er heimlich nach
Paris, in der Absicht, ihn zu stürzen. In derselben Absicht kam
dahin, in Verabredung mit ihm, ein ehemaliger General der Ven¬
deer, Georges, ein tapferer und wohlverdienter Mann, ein Freund
der Bourbons und Todfeind Bouaparte's. Ob beide auf freien
Antrieb oder durch Bouaparte's Ränke gelockt, dahin gekommen
sind, ist nicht ausgemacht. Pichegru fand zweimal Gelegenheit,
mit Moreau zu sprechen, und suchte ihn für ihre Sache zu ge¬
winnen; Moreau aber lehnte, so wenig er auch Bonaparte's Freund
war, jede Theilnahme ab. Durch seine Spione bekam der Ober-
consul bald von der ganzen Verschwörung Nachricht und ließ alle
drei plötzlich verhaften. Daß Moreau mit in den Handel hinein¬
gezogen werden konnte, war ihm sehr erwünscht; denn er war ihm
der furchtbarste Mann in ganz Frankreich. Moreau genoß sowohl
wegen seines Kriegsruhms, als wegen seines edeln Charakters die
allgemeinste Achtung, war ein Abgott des Heeres und machte aus
seiner Verachtung gegen Bonaparte, wegen dessen unbegrenzter
Eitelkeit und Herrschsucht, kein Geheimniß.
Ehe aber die drei Verhafteten noch vor Gericht gestellt waren,
verübte Bonaparte eine unerhörte Gewaltthat. Der junge Herzog
von Enghien, ein Enkel des auch ausgewanderten Prinzen
Conds, hielt sich, selbst mit Erlaubniß der französischen Regierung,
in dem Städtchen Etteuheim im Badenschen aus. Plötzlich gingen
im März 1804 zwei Haufen französischer Soldaten über den Rhein
und nahmen den Herzog nebst mehrern andern Ausgewanderten
gefangen. Er wurde darauf, mit Postpferden Tag und Nacht
reisend , nach dem Schlosse Vincennes, unweit Paris, geschleppt,