Metadata: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

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Der Leuchtturm auf Ulenge ist schon zu sehen. Die Einfahrt ist schwierig; 
denn große Sandbänke und Korallenriffe sind dem Hafen vorgelagert. An 
ihm brechen sich die schäumenden Wogen. Eine schmale Fahrrinne sühn 
zwischen ihnen hindurch. Sie fft durch Bojen gekennzeichnet und leicht zu 
finden. Alle Passagiere find früh auf Deck und schauen erwartungsvoll 
hinüber nach dem Lande ihrer Zukunft. Die Postflagge wird gehißt, um 
schon von weitem kund zu tun, daß die Post aus Europa an Bord ist, 
und nun fahren wir stolz hinein in die Bucht. Rings herum ist es grün, 
man steht die Mangroven zur Rechten und Linken, dahinter die auf¬ 
steigenden Ufer mit ihrer üppigen Vegetation. Kokospalmen, Mango¬ 
bäume und Affenbrotbäume, Tamarinden- und Bananenailpflanzungen find 
zu erkennen. Geradeaus schimmern die weißen Mauern des Forts aus 
dem dichten Grün heraus, links sieht man die evangelische Mission mit 
ihrer neuen Kirche, rechts die katholische Mission. Dazwischen zieht sich 
die Stadt hin. 
Ein Kanonenschuß kracht, die Ketten raffeln, der Anker ist in di« 
Tiefe gesunken. Wir sind am Ziel. Sofort sehen wir, wie es lebendig 
wird am Ufer. Schwarze Leute laufen hin und her und machen die 
Boote flott, und weißgekleidete Europäer steigen hinein. Nun kommen sie 
angerudert, es geht um die Wette, jeder will der erste sein. Jedes Boot 
hat eine Fahne am Hintersteven. Dort sieht man die Postflagge, dort 
die Flagge des Arztes, dort kommt der Steuerbeamte, dort der Bezirks¬ 
amtmann, dort der Vertteter der Deutsch-Ostafrika-Linie, dort sieht man 
die Flagge der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. Alle Boote sind sauber 
und schmuck, und die schwarzen Mattosen stecken in kleidsamem Mattosen- 
kostüm. Nun steigen die Männer herauf; fast mtt Bewunderung sieht sie 
der Neuling an und hört, wie sie in der Suahelisprache ihre Befehle 
geben; denn sie sind ja schon zu Hause hier in Afrika, sie haben schon 
all die Schwierigketten überwunden, die uns noch bevorstehen. 
Paul Düring. 
160. Bübchen, wirst du ein Rekrut? 
Jenen Februarmorgen vergesse ich in meinem Leben nicht. Er war 
vorauszusehen und hat uns doch überrascht. 
Es war ein Sonntag. Als ich erwachte, stand in der Nähe des 
Bettes mein Vater, der sagte, es wäre die höchste Zeit zum Aufstehen, er 
hätte mtt mir was zu reden. 
„Bist du beim Bürscherwirt zu Krieglach leicht was schuldig?'' 
fragte er mich und harrte mtt Spannung auf eine Antwort. Aber ich 
fragte meincrsetts, wesweg er diese Frage stelle; was ich beim Bürscher¬ 
wirt gettunken, das hätte ich allemal bezahlt. 
„Hab mtt's ja auch gedacht. Nur weil der Bürscher heut' em' 
Zettel schickt, der, mein ich, dir tät gehören. 
Er gab mir den Zettel; derselbe war grau, und ich wurde rot. Der 
Vater bemerke das und sagte: „Mir kommts vor, es steht halt doch eins 
Sch and' drin!"
	        
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