Object: Geschichten aus der Geschichte

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liche Gaben unter die Jugend verteilt hätte. Auch nachdem die 
Gatten König und Königin geworden, suchten sie das anmutige Paretz 
gern auf, und die Leutseligkeit und der Wohlthätigkeitssinn der. 
Königin erhielten sich durch ihr ganzes Leben. Nach ihrer Krönung 
schrieb sie einmal an eine Freundin: „Ich bin Königin und was 
mich dabei am meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich meine Wohl¬ 
thaten nicht mehr so ängstlich abzumessen brauche." Dabei verfuhr 
sie fo freigebig, daß sie nach einigen Jahren dreimal soviel Schulden 
hatte als ihr Jahresgehalt betrug; sie sagte: „Ich muß überall 
helfen, wo es not thut," und der König hatte oft die geleerte Schatulle 
von dem Seinigen wieder zu füllen. 
Daß eine solche Mutter ihre Kinder sorgsam und weise erzog, 
versteht sich von selbst; auch erkannte sie bald in den Kindern ihre 
eigenen edelen Neigungen. In einem Briefe schrieb sie: „Es ist 
mein heißester, mein liebster Wunsch, meine Kinder zu wohlwollenden 
Menschenfreunden zu machen; auch nähre ich die frohe Hoffnung, 
diesen Zweck nicht zu verfehlen." Ihr ältester Sohn war der nach¬ 
malige König Friedrich Wilhelm IV., der zweite der Kaiser Wilhelm I. 
Preußens Anglücksjahre. 
Über Frankreich herrschte der Kaiser Napoleon. Ihm war es 
nicht an seiner Wiege gesungen, daß er dereinst auf einem Throne 
sitzen würde, denn er war nur der Sohn eines Edelmanns in 
Korsika und durfte höchstens hoffen, französischer General zu 
werden. Was ihm den Weg zum Throne bahnte, war die Revolution 
(Umwälzung), welche im Jahre 1789 in Frankreich ausbrach. Unter 
den Königen Ludwig XIV. und XV. besand sich das Volk in einer 
sehr traurigen Lage. Während die Könige und nach ihrem Beispiel 
der größte Teil des Adels der Schwelgerei und Üppigkeit sröhnten, 
lebte das niedere Volk in bejammernswertem Elend. Endlich machte 
sich seine Not in Gewaltthaten Luft. Die ersten Änderungen der 
Staatsordnung waren wohlberechtigt und man hielt sie anfangs 
allgemein für das Morgenrot einer viel besseren Zeit, welche auch 
den andern Staaten zum Segen gereichen würde. Aber Leidenschaft 
und Ehrgeiz bekamen bald die Oberhand, alltäglich wurde Bürger¬ 
blut von Bürgerhänden in Strömen vergossen, selbst der gute, aber 
solchen Stürmen nicht gewachsene König Ludwig XVI., der damals 
auf dem Throne war, wurde schmählich hingerichtet. Da ging alles
	        
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