Die Religion.
7
Auf Blitz und Donner folgte der fruchtbare Gewitterregen; ihn
sandte der Himmlische auch und zeigte sich so als Gott des Ernte-
segens und als Freund der Menschen.
Ein Liebling der Germanen war endlich Ziu, der Gott des
Schlachtgetümmels, der sich am männermordenden Kampfe er¬
freute. Er hatte nur einen Arm; das war der, mit dem er die ver¬
nichtenden Streiche führte.
Neben Wodan stand seine Gemahlin Frei et, die Mutter der
Götter. Sie schützte Familie, Haus und Herd; sie prüfte
den Fleiß der Frauen und Mädchen und trug deshalb als Abzeichen
die Spindel. Die Göttin Nerthus oder Hertha fuhr alljährlich
auf ihrem heiligen Wagen, den Kühe zogen, durch die Fluren; Jubel
erklang, und üppig wogte die Saat, wohin der Zug kam.
Rauschende Wälder und stolze Bergeshöhen waren nach der
Meinung der Germanen die Wohn statten der Götter. Dort
brachten ihnen die Frommen in tiefster Ehrfurcht Opfer dar, um
die Himmlischen den Menschen gnädig zu stimmen. Selbst das Wert-
vollste wurde dabei willig hingegeben: in schwerer Not des ganzen
Volkes opferten angesehene Männer ihr Leben für die gefürchteten Be¬
herrscher des irdischen Geschicks.
In ruhigen Zeiten genügten als Opfer Tiere, vor allem Pferde
und Rinder; aber nur die kräftigsten und edelsten wurden für solchen
hohen Zweck bestimmt. Das Fleisch des Opfertieres wurde am Spieße
gebraten und von jung und alt bei frohem Schmause verzehrt. Den
Göttern, deren Segen man für die Ernte brauchte, spendete man mit
Vorliebe Früchte des Feldes.
Eifrig suchten die Germanen die Zukunft zu erkunden. Man
erforschte sie aus dem Rauschen alter Bäume, aus dem Fluge be¬
stimmter Vögel und dem Wiehern heiliger Rosse, oder man wandte
sich an weife Frauen, denen man die Gabe der Wahrsagung zu-
schrieb. Dann streuten diese über ein weißes Tuch eine Menge kleiner
Buchenstäbchen, auf deren jedem ein geheimnisvoller Schriftzug, eine
Rune, stand. Drei wurden herausgegriffen und gedeutet; so empfing
der Fragende Antwort. Daran erinnert noch das Wort „Buchstabe".
Nach seinem Tode wurde der Germane in einem mit Steinplatten
ausgemauerten und bedeckten Grabe beigesetzt; darüber wölbte sich ein Erd¬
hügel. Solche Stätten nennt man heute Hünengräber. Dem Toten
legte man die Rüstung an und gab ihm Schmuck und mancherlei Ge¬
rät, ja wohl auch Speise und Trank mit in die Gruft. Zu Ehren
eines tapfern Helden wurde fein Htreitroß und eine große Schar