Heinrich VI.
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Erfolge erzielte auch dieser nicht; Jerusalem blieb in den Händen der
Türken. Der Sultan Saladin schloß mit ihm einen Waffenstill¬
stand: ein Küstenstreifen sollte den Christen bleiben, und der Zu-
gang zu den heiligen Stätten sollte ihnen offenstehen. Das war alles,
was der Engländer erreichte.
^Heinrich VI. U90 bis \\97.
Erbe der Machtstellung Friedrich Barbarossas wurde sein ältester
Sohn, Heinrich VI. In dessen schwächlichem Körper wohnte ein
gewaltiger Wille und eine große staatsmännische Klug¬
heit. Das Streben des jugendlichen Herrschers ging dahin, nicht
bloß zu bewahren, was ihm sein Vater hinterlassen hatte, er gedachte
es noch bedeutend zn mehren. Was Friedrich wohl beansprucht hatte,
aber nicht durchführen konnte: die Unterwerfung aller christ-
liehen Staaten unter das römische Kaisertum, das gedachte
er wirklich zu erreichen. Seine Art und Weise unterschied sich sehr von
der seines Vaters: kalt, sicher, rücksichtslos bis zur Grausamkeit schritt
er seines Weges.
Heinrich erblickte seine erste wichtige Aufgabe in der Eroberung
des sicilischen Erbes seiner Gemahlin. Die Bewohner des König-
reiches wollten nichts von ihm wissen, sondern scharten sich um einen
entfernteren Verwandten des ausgestorbenen Herrscherhauses. Als der
neue Herr gegen diesen zog und Neapel belagerte, schmolz sein Heer durch
eine böse Seuche furchtbar schnell zusammen. Da regten sich alle, die
mit seiner Herrschaft unzufrieden waren, und machten einen Bund
miteinander. Den Neapolitanern schlössen sich fast alle Großen
in Norddeutschland an. Namentlich Heinrich der Löwe
gedachte seine Stellung dort ganz wiederzugewinnen, und hinter ihm
stand das gewaltige England, zu dem damals mehr als bie
Hälfte von Frankreich gehörte.
Gegen eine solche Verschwörung schienen selbst die Mittel
eines Heinrich nicht auszureichen. Und doch gelang es ihm ganz
leicht, die Vereinigung zu sprengen und seine Macht allen
Feinden zum Trotz zu festigen. Freilich spielte dabei das Glück eine
Hauptrolle. Richard Löwenherz versuchte auf der Rückkehr vom
Kreuzzuge in Pilgerkleidern durch Deutschland nach England zu ziehen;
doch wurde er in Wien erkannt und geriet in die Hände seines
grimmigen Gegners Leopold von Österreich. Der lieferte ihn
dem Kaiser aus.