Full text: Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

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folgen. Die Schnörkel endlich und die knnstvoll gebaute und geschmückte 
Sänfte veranschaulichen besonders deutlich die spielende Eleganz des Rokoko. 
Nun zu den Trachtenbildern. Wir geben zunächst das sächsische 
Herzogspaar. Herzog Heinrich, der Vater des nachmals berühmten Moritz, 
zeigt in seiner Tracht noch Spuren des Mittelalters, den Nelkenkranz auf 
seinem Haupte und die Schellen an den Ärmeln. Aber sonst gibt er sich 
neumodisch. Seine Kleidung in rot und grün ist von oben bis unten 
geschlitzt. Hier haben die Landsknechte die Mode beeinflußt. Alle ihre 
Kleidungsstücke mußten geschlitzt, das heißt durchbrochen und unterlegt sein, 
vom Hut bis zu den Schuhen. Beim Herzog find übrigens mich die 
vielgeschmähten Schnabelschuhe bereits verschwunden. Die „Kuhmäuler" 
kommen auf, Schuhe mit breitem Vorderende, die dann gewöhnlich auch 
noch geschlitzt werden. 
Die Herzogin zeigt sich in schwerem Brokatkleid: die Schnltern sind 
schmal gehalten, der Rock ist in regelmäßige Falten gelegt und mit breiter 
Borte besetzt; die Ärmel trägt sie geschlitzt und gepufft; das Haupt be- 
deckt ein stattlicher Federhut. 
Anders und für unseren Geschmack schöner nimmt sich die von Holbein 
gezeichnete Frau im Festkleide aus: da ist alle Steifheit verschwunden: 
keine regelmäßige, gemachte Falte, sondern natürliche: das ist das wohl- 
bekannte Gretchenkostüm. Auch das Paar daneben zeigt, wie schön sich 
unsre Altvordern in der Resormationszeit anzuziehen wußten. 
Die Extreme lösen sich ab. Aus Spanien kommt eine neue Mode, 
die uns ungeheuerlich erscheint. Alles daran ist unglaublich steif. Die 
Ärmel, die Schultern sind ausgepolstert; das Haupt liegt auf einer großen 
Halskrause wie auf einem Teller; aus einem breiten Wulst um die Hüsten 
kommen dann ein Paar dünne Beine hervor; das kurzgehaltene Haar 
bedeckt ein Barett. Und erst die weibliche Tracht I Den Spaniern ver- 
danken die Frauen den Reifrock. Er war gewöhnlich glockenförmig und nahm 
schließlich einen gewaltigen Umfang an; der Oberkörper dagegen wurde in 
ein enges Mieder gepreßt. Die Kinder wurden genau wie die Erwachsenen 
angezogen; eine besondere Kindertracht gab es nicht; eine solche ist über- 
Haupt erst vor etwa 120 Jahren ausgekommen. Deshalb steckt auch auf 
dem Bilde des Belasquez das bedauernswerte kleine Mädchen, die Jnfantin 
Maria, in einem solchen ungeheuerlichen Zwangskostüm. 
Im Dreißigjährigen Kriege wurde abermals die Männermode durch 
das Militär beeinflußt. Ein loses Wams bedeckte den Oberkörper, die 
Beine steckten in spitzenbesetzten Reiterstieseln mit übergeschnallten Sporen; 
aus einem großen Spitzenkragen wuchs das Haupt hervor, das ein breit- 
randiger Filzhut bedeckte. Die Männer trugen einen Knebelbart und
	        
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