Full text: Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

Ulrich Zwingli. 17 
und lebte in Italien und Süddeutschland. Sein Hauptwirkungsfeld 
fand er dann in Genf. Der dort herrschenden Verschwendung, Genuß- 
sucht und Unverträglichkeit trat er mit der Forderung entgegen, daß auch 
das Leben außerhalb der Kirche ein Gottesdienst sein solle. 
Die Zahl seiner Anhänger nahm rasch zu, aber die meisten waren nach 
der Meinung des strengen Reformators, der jede Nachsicht für ver- 
werflich hielt, viel zu weltlich gesinnt. Deshalb verweigerte er an 
einem Osterfeste seiner Gemeinde das Abendmahl. Darüber kam es zu 
gewaltiger Erregung, und Calvin wurde aus Genf vertrieben. Nach 
seinem Weggange jedoch griff bald eine solche Verwirrung in der Stadt 
um sich, daß die Bürger den Verbannten zurückriefen, damit er als 
Gesetzgeber Ordnung schaffe. 
Calvin richtete nun in Genf die Kirche ähnlich ein, wie das Zwingli 
in Zürich getan hatte. Nur sprach er seine Lehren und Forderungen 
viel leidenschaftlicher und schroffer aus und war viel unduldsamer 
gegen Andersdenkende als jener; außerdem zog er oft das Alte Testament 
heran, dessen Kampfberichte seiner feurigen Art besonders zusagten. 
Sehr ernst nahm es Calvin mit der Sittenzucht, mit der Pflicht 
seiner Anhänger, ein gottgefälliges Leben zu führen. Nur das war 
ihnen erlaubt, was die Heilige Schrift ausdrücklich gestattete; was sie 
verbot oder nicht erwähnte, war untersagt; deshalb galten Vergnügungen 
wie Theaterbesuch und Tanz als Unrecht. Ungemein wichtig wurde 
auch die Anschauung von der Vorherbestimmung, der Prädestination, 
der zufolge Gottes Ratschluß die einen zur Seligkeit berufen, die 
andern der ewigen Verdammnis preisgegeben hat. Diese Lehre 
machte die Anhänger Calvins zu äußerst fleißigen Leuten. Sie gaben 
sich die größte Mühe, aus dem Erfolg ihrer täglichen Arbeit heraus- 
zulesen, für welches Geschick Gott sie ausersehen habe. Wenn ihnen 
ihre Unternehmungen gelangen, so war das nach ihrer Meinung auch 
ein günstiges Zeichen für ihr Seelenheil. Da die Calvinisten überdies 
mäßig und einfach lebten, brachten es die meisten unter ihnen zu be¬ 
deutenden wirtschaftlichen Erfolgen und waren darum in bürgerlicher 
Tüchtigkeit nicht selten den Angehörigen andrer Bekenntnisse weit voran. 
Bis an sein Lebensende genoß Calvin solches Ansehen, daß nichts 
gegen seine Anordnungen geschah. Mit eisernem Willen setzte er seine 
Gebote durch, und die Genfer gehorchten ihm bis an sein Ende (1564). 
Die „reformierte" Lehre verbreitete sich zunächst in der Schweiz, 
dann in Süddeutsch lau d, wo sich der Kurfürst von der Pfalz 
ihr anschloß, endlich in Frankreich, in den Niederlanden, in 
England und Schottland. Ihre Anhänger erwiesen sich mit ihrer 
Froningund Müller. Lehrbuch der Geschichte. III. 2
	        
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