Full text: Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

Der Hof Ludwigs XIV. 69 
hohe . erreichte Colbert bald, daß der Wettbewerb aus 
andern Staaten gänzlich unterblieb. 
Aber das genügte nicht. Das W^lan^^Me ^nsMchtig.-werden. 
Darum hieß es, Sorge zu tragen, daß Frankreichs Erzeugnisse auf den 
auswärtigen Märkten mit Erfolg zu wetteifern vermöchten. Das konnte 
nur geschehen, wenn die französische Industrie billiger arbeitete 
als die ausländische. Dazu war vor allem ein niedriger 
Preis der Lebensmittel nötig. Den erreichte man^ädürch, daß 
ihre Ausfuhr verboten und ihre Einfuhr zollfrei gelassen wurde. 
Diese Maßregeln Colberts bezweckten also, durch die Erschwerung 
der Einfuhr von Jndustrieprodukteu möglichst wenig Geld aus 
Frankreich hiuauszulassen, dagegen durch große Ausfuhr 
möglichst viel hereinzuziehen. So'gedachte er das Land reich 
zu machen; und es folgte in der Tat auch bald ein gewaltiger Auf¬ 
schwung jeglicher gewerblichen Tätigkeit im Lande. Die Landwirt- 
schast freilich litt schwer unter den billigen Kornpreisen; ja in man- 
chen Gegenden gaben die Bauern den Ackerbau auf, weil er ihnen 
nicht mehr genug zum Leben bot. 
Man nennt dieses Verfahren Merkantilstem. Über hundert 
Jahre herrschte es in Frankreich und • wurde in vielen europäischen 
Staaten nachgeahmt. 
Nebenher ging noch eine umfassende kolonisatorische Tätig¬ 
keit in den fremden Erdteilen: in Nordamerika, in Afrika und in 
Asien wurden gewaltige Länderstrecken in Besitz genommen und aus¬ 
gebeutet. Frankreich sollte auch die größte Kolonialmacht der Welt 
werden und die Herrschaft auf dem Weltmeer erobern Dieses Streben 
mußte natürlich zu Verwicklungen mit England führen, das ja ersty 
Spanien und dann die Niederlande zur See beiseite geschoben hatte. Z 
I 4 Der Hof Ludwigs XIV. Zu den Lieblingsgedanken Ludwigs XIV. 
gehörte der, durch die Pracht und Herrlichkeit seines Hof¬ 
staates alles bisher Dagewesene zu übertreffen und von andern Fürsten 
als Vorbild angestaunt zu werden. Kein europäischer Herrscher hatte 
eine so vornehme Umgebung wie er. Die Adeligen waren ver¬ 
pflichtet, dem Könige bei Hofe ihre Aufwartung zu machen, wenn sie 
nicht seine Gnade verscherzen wollten. Eine große Zahl mußte jedesmal 
zugegen fein, wenn er morgens fein Zimmer verließ, wenn er zur Kirche 
ging ober wenn er ausfuhr. Dieselben Leute, die früher ihre Selbständig¬ 
keit mit ben Waffen gegen ben König öerteibigt hatten, gewöhnten sich 
merkwürdig schnell baran, bie Rolle ber obersten Diener bes Herrschers 
zu spielen unb ihm bie Zeit zu vertreiben; unb viele lernten balb bie
	        
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