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Vor vielen Jahren war das Haus eine schlichte 
Herberge, die die Wanderburschen aufsuchten, die vom 
Kärntnertor in die Stadt kamen. Eines Tages aber 
führten einige Wiener Bürger einen vornehmen Ritters— 
mann der Herberge zu. In silberner Rüstung, einen weißen 
Mantel um die Schultern und eine goldene Leier in der 
Hand, war er auf einem prächtigen Rosse durch die 
Kärntnerstraße geritten. Plötzlich entglitt die Leier seiner 
Hand und er wäͤre vom Pferde gesunken, hätten ihn nicht 
einige Bürgersleute hilfreich gestützt, vom Pferde gehoben 
und in die Herberge gebracht. Der Wirt ließ ihn in das beste 
Zimmer bringen, bot ihm erquickende Getränke und wollte 
eilends nach dem Arzt springen. Der Rittersmann aber 
wies alle Dienste zurück, denn er fühlte den Tod heran— 
nahen und hielt alle Hilfe für vergeblich. Nur den Pilger, 
den er in der Herberge bei Tische sitzen sah, solle der Wirt zu 
ihm bringen. Im armseligen Pilgerniantel und mit dem 
Pilgerhute auf dem Haupte trat der Pilger ins Zimmer. Der 
Ritter, der sich in seinem letzten Stündlein mit dem Manne, 
der das Heilige Land besucht hatte, aussprechen wollte, gab 
sich zu erkennen und nannte sich den ritterlichen Sänger 
Ulrich von Liechtenstein. Er klagte sich eines abenteuer— 
lichen, sündhaften Lebens an und bat den Pilger, seiner 
Frau, die er gar oft gekränkt hatte, die letzten Grüße zu 
überbringen. Da schlug der Pilger den Mantel zurück, 
nahm den Pilgerhut ab und vor dem erstaunten Ritter 
stand seine Gemahlin selbst. Zitternd vor Freude griff der 
Sterbende in sein Saitenspiel und sang mit leiser Stimme 
sein letztes Lied, seinen Schwanengesang: 
„Mit Schwert und Harfe ins Grab hinein, 
Mit ihnen beisammen will ich sein.“ 
Hierauf verschied er. Frau Berta aber kaufte die 
Herberge und bestimmte sie für die Vilger, die wegemüde 
in die Stadt kommen. Das Haus erhielt nach dem lieder— 
frohen Sänger, der „Osterreichs weißer Schwan“ genannt 
wurde, den Namen „Zum weißen Schwan“ 
Die Bärenmühle. 
Wo heute das allen Wiener Kindern bekfannte „Frei 
haus“ auf dem Naschmarkt steht, befand sich vor Zeiten
	        
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