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Mittlere Geschichte. DL Abschnitt.
zur Flucht. Zwar besiegte er fie i. I. 1075 bei Hohenburg
an der Unsirnt, und sie mußten sich unterwerfen; da er sie nun
aber nur härter bedrückte und die festen Schlöffer wieder her-
stellte, so wandten sie sich Hülfe suchend an den Papst Gregor VII.,
und dieser Schritt wurde Veranlassung zum Ausbruch eines
Kampfes zwischen der päpstlichen und kaiserlichen Macht,
der mit dem Untergange der letzteren endete.
/Schon feit dem 4. Jahrhundert n. Chr. hatten die römischen
Bischöfe (seit der Mitte des 6. Jahrhunderts ausschließlich Papste
genannt) den Vorrang ihrer Kirche vor allen übrigen mit Erfolg
behauptet, indem sie ftch besonders auf das Vorrecht des Petrus vor
den übrigen Aposteln beriefen und sich rühmten, fetne Nachfolger
zu fein. Besonders kräftig wirkte für die Befestigung der päpstlichen
Macht Gregor der Gr. — Zu ben germanischen Volkern, die sich
im römischen Reiche festsetzten, stauben sie zwar anfangs in mißli¬
chem Verhältnisse, weil dieselben Arianer waren (§. 73); leb och
gestaltete sich dasselbe günstiger, als die Franken unter Chlodwig
(§. 69), später auch die Longobarden und Westgoten zur katholischen
Kirche übertraten; besonders wichtig aber wurde für sie bte namenfucp
durch Bonifatius befestigte Verbindung mit dem fränkischen Jieiche,
zur Zeit Pipin's und Karls d. Gr., welche die Begründung der
weltlichen Macht des Papstes herbeiführte (§. 77 u. (9). Noch
größeres Ansehen gewannen die Päpste unter ben schwachen Nachfol¬
gern Karls b. Gr., unb schon jetzt machten sie nicht nur ihre; von
Christo unmittelbar abgeleitete Oberherrschaft über die christliche
Kirche aeltenb, fondern übten auch in den weltlichen Verhältnissen
großen Einfluß aus. Bald darauf eintretende Zerrüttungen ver-
schafften jedoch den deutschen Kaisern eine Obergewalt auch über die
Papste. Nichtswürdige Menschen schändeten den päpstlichen Stuhl,
und so konnte Otto d. Gr. den lasterhaften Johann XU. abfetzen;
ia Heinrich III. fetzte i. I. 1046 auf „ber Kirchenverfammlung zu
Sutri brei gleichzeitig regierenbe Päpste ab und erhob an ihrer
Stelle einen würdigen deutschen Bifd)of. Seit jener Zeit aber
trat immer mehr an die Spitze ber kirchlichen Angelegenheiten der
Mönch Hilbebranb, ein Mann, ber bas Papstthum aus ben Gipfel
Der Macht erhoben hatte, unb ber fchon jetzt bte Kirche von der welt¬
lichen Macht immer unabhängiger zu machen bemuht war (Papst-
wähl burch Carbinäle). Er würbe i. 1.1073 selbst als Gregor VTL
Papst, unb nun suchte er bas Papstthum zu einer religiössittlichen
Herrschast über bie Welt zu erheben. Darum strebte er zuerst.bog,
bie Kirche zu reinigen. Er verlangte beshalb von den Geistlichen
streng, daß sie im Cölibat lebten ?§. 60), unb trat^kraftig gegen
bie Simonie (Ertheilung geistlicher Aemter burch gur ten an Un¬
würdige für Gelb ober aus Gunst) auf, zu deren ganzlicher Unter-
drückung er den Fürsten bas Recht ber Investitur (Belehnung
ber Geistlichen mit Ring unb Stab) absprach. Z