Mittlere Geschichte. III. Abschn. 1073—1,254 n. Chr. 1. Kapitel. 107
Dritter Hauptabschnitt.
Von Gregor VII. bis zum Untergänge der Hohenstaufen
Erstes Kapitel.
Der Kampf der geistlichen mit der weltlichen Macht zur
Zeit der salischen Kaiser.
§. 84.
Gregor VII. — Schon früher war Gregor mit dem
Kaiser wegen willkürlicher Besetzung geistlicher Aemter durch den¬
selben in Streit geratheu, und als Heinrich IV. nach dem Siege
über die Sachsen fortfuhr, Bisthümer in Italien und Deutschland
willkürlich zu besetzen, nahm Gregor die Klagen der Sachsen
bereitwillig an und erließ an den Kaiser ein ernstes Schreiben,
dem nach einer beschimpfenden Antwort Heinrichs der Bann und
die Absetzung folgten. Da nun die Fürsten dem Kaiser drohten,
einen andern Herrscher zu wählen, weun_ er nicht in Jahresfrist
vom Banne freigesprochen würde, so entschloß sich im Januar
des Jahres .. ^
Heinrich zu Canofsa, dem Schlosse der Markgräsiu Mathilde
von Toscana, vor Gregor Buße zu thun. Er wurde vom
Bann freigesprochen, mußte aber versprechen, sich bis zur Ent-
scheiduug des Papstes der Ausübung der königlichen Würde zu
enthalten. Jetzt ermannte er sich. Nach Deutschland znrückge-
kehrt, zog er gegen den von den Fürsten gewählten und vom
Papste begünstigten Gegenkaiser Rndols v. Schwaben. Rudolf
siegte zwar 1080 bei Hohenmölsen an der Elster, starb aber
an den in der Schlacht empfangenen Wunden, worauf der Kaiser
Schwaben an Friedrich v. Büren, seinen Eidam, den Stamm-
Vater der Hohenstaufen, verlieh. Obgleich der Papst den Bann
über Heinrich erneuerte, konnte doch ein zweiter Gegenkaiser, der
schwache Herrmann v. Luxemburg, zu gar keinem Ansehen
gelangen. Ja, Heinrich zog sogar selbst gegen Rom, das er
nach dreijähriger Belagerung i. I. 1084 eroberte; Gregor
mußte in die Engelsburg flüchten und starb, durch den norman-
nischen Herzog Robert Guiscard von Neapel befreit, in
freiwilligem Exil zu Salerno (1085). Doch auch nach Gregors
Tode hörte der Kampf der Päpste gegen den Kaiser nicht aus. Durch
dieselben ausgereizt, empörten sich gegen Heinrich seine beiden
Sohne Konrad und Heinrich; der letztere nahm ihn sogar ge-
fangen und zwang ihn im I. 1105, dem Throne zu entsagen.
Ein Jahr später starb der unglückliche Kaiser zu Lüttich, wohin
er vor seinem unnatürlichen Sohne geflohen, und erst nachdem