114 Mittlere Geschichte. III. Abschnitt. Von 1073-1254 n. Chr.
Verkehr der Völker Enropa's unter einander und mit dem
Morgenlande entstanden, und dadurch wurde der Handel,
besonders an der Donau und auf dem Mittelmeere, gefördert.
Nach den großen Handelsstädten Italiens: Pisa, Amalfi und
namentlich Genua und Venedig, flössen große Reichthinner
zusammen, und blühende Colonien wurden von dort aus
in Caudia, Corsu, Morea, am schwarzen und asowschen
Meere gegründet. Ebenso bereicherten sich durch den Handel
viele Städte in Deutschland und den Niederlanden; so Augs-
bürg, Regensburg, Wien, Nürnberg, Mainz, Frankfurt,
Cöln, Brügge, Antwerpen, Brüssel, Hamburg, Lübeck, Bremen,
Dauzig, Elbiug, Königsberg it. a., und mit dem wachsenden
Reichthum gewann auch die Selbständigkeit der Städte
und die bürgerliche Freiheit, die in dem Zunftwesen
eine feste Stütze gegen die Gewalt des Adels fand. In den
Städten fanden auch die Gewerbthiitigkeit und die Wissen-
schaften eine Stätte, und beide wurden durch den Verkehr
mit dem Morgenlande vielfach bereichert. So kam durch die
Kreuzzüge der Seidenbau nach Sicilien und bald darauf nach
Italien. Ebenso wurden die Arzeneiknnde und die Natur-
Wissenschaften bereichert; besonders aber gewann die Geo¬
graphie dadurch, daß jetzt erst das bisher fast unbekannte
Morgenland zugänglicher wurde, und daß Handel und Bekeh-
rnngseifer kühne Reisende bald bis zum fernsten Osten trieb.
So unternahm der Venetianer Marco Polo Reifen bis
nach China.
Auch dem Adel endlich brachten die Kreuzzüge ungeachtet
der äußeren Nachtheile großen Gewinn, indem sie dem Ritter-
thnm eine edlere Richtung gaben. Dasselbe hatte sich allmählich
ans den Gefolgschaften (§. 62. 72) entwickelt. Die reicheren
Lehnsleute dienten lieber als Reiter (§. 82) und bildeten bald
den abgesonderten Stand der Ritter, in deren Zahl die Ritter-
bürtigen erst aufgenommen werden konnten, nachdem sie zuvor
Bube und dauu Knappe oder Junker gewesen waren (Turniere.
Wappen). Während nun früher die Ritter in dem Gefühl
für Ehre, in der Gerechtigkeit, Milde, Schouuug gegen Schwache,
Beschützung der Unterdrückten, besonders der Frauen und Geist-
lichen, ihren höchsten Ruhm fanden, wurde dem Ritterthnme
jetzt durch den Kampf für Gott und die Kirche ein noch höhe-
res Ziel gegeben, und so entstanden in Folge der Kreuzzüge
mehrere geistliche Ritterorden, unter denen die der Johan-
niter, der Templer und der deutschen Ritter die bedeutensten sind.
Die Johanniter waren ursprünglich eine Brüderschaft,