Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte für höhere Töchterschulen

VII. Abschnitt. 1. Kapitel. Krieg gegen Holland und Frankreich. 59 
Siebenter Abschnitt. 
König Friedrich Wilhelm II. (1786—1797). 
Erstes Kapitel. 
Krieg gegen Holland und Frankreich und die zweite und dritte 
Theilnng Polens. 
§• 39. 
Krieg gegen Holland. In Holland hatte sich gegen 
den Erbstatthalter, den Prinzen Wilhelm V. von Oranien, eine 
feindlich gesinnte, antioranische Partei gebildet, die denselben 
seiner Würde zu berauben suchte. Als die Gemahlin desselben, 
Wilhelmine, die eine Schwester des Königs war, ans einer 
Reise nach der Provinz Holland zwei Tage lang gewaltsamer 
Weise von den sogenannten „Patrioten" festgehalten und dann 
an der Fortsetzung ihrer Reise gehindert wurde, sah sich der 
König in seiner Schwester beleidigt und verlangte Genngthnung. 
Da ihm dieselbe verweigert wurde, ließ er den Herzog Ferdi- 
nand von Brannschweig mit 20,000 Mann in Holland ein- 
rücken und stellte in kurzer Zeit die alte Ordnung und das 
Ansehn seines Schwagers wieder her (1787). 
Auch bei anderer Gelegenheit trat der König als Vermittler und 
Schiedsrichter auf. Als Schweden einen Krieg gegen Rußland begonnen 
hatte und die Dänen in Schweden eingefallen waren, zwang er im 
Verein mit England, mit dem er zur Aufrechterhaltung des europäischen 
Gleichgewichts ein Bündniß geschlossen hatte (1788), die Dänen zum 
Frieden; und als Rußland und Oesterreich einen glücklichen Krieg gegen 
die Türkei führten und durch Erwerbung türkischer Provinzen ihre 
Macht zu vergrößern suchten, die in solchem Falle für Preußen höchst 
gefährlich werden konnte, erklärte er sich für die Türkei und nöthigte 
dadurch Oesterreich und Rußland, sich mit mäßigen Erwerbungen zu 
begnügen (Vertrag zu Reichenbach 1790). # 
Krieg gegen Frankreich. Die französische Revolution, 
welche nicht bloß Frankreich, sondern alle europäischen Staaten 
mit dem Umstürze ihrer alten Verfassungen bedrohte und eine 
große Anzahl deutscher Reichsstände ihrer Güter und Rechte 
in Frankreich beraubte, bestimmte den König, mit dem Kaiser 
Leopold II. zu Pillnitz im August 1791 nähere Verabredungen 
über ihre beiderseitige Haltung Frankreich gegenüber zu treffen 
und zu Berlin am 7. Februar 1792 ein Bündniß zu 
schließen. Da Frankreich die von beiden aufgestellten Forde- 
rungen nicht erfüllte, der Kaiser aber, um denselben Nachdruck
	        
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