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(1305—1377 die sogen, babylonische Gefangenschaft der Kirche). Kaum
war das Papsttum nach Rom zurückgekehrt, so brach 1378 eine Sp altung
in der Kirche aus. Zwei Päpste, ein Italiener und ein Franzose, standen ein
ander gegenüber; der Franzose ging nach Frankreich (Avignon) zurück. Die
Spaltung ergriff die ganze Christenheit, da auch nach dem Tode der ersten
beiden Gegenpäpste durch die Wahlen zweier Kardinalskollegien der Streit fort*
gesetzt wurde. Endlich einigten sich die beiden Kollegien. Auf dem all-
gemeinen Konzil zu Pisa (1409) wurden die beiden Päpste abgesetzt und
ein neuer gewählt. Freilich erwies sich das Konzil unfähig, seine Beschlüsse
durchzusetzen, und so hatte die Christenheit gar drei Päpste. Dem Kon-
stanzer Konzil (1414—1418) gelang es darauf, die drei streitenden
Päpste zu beseitigen und der Kirche ein neues, allgemein anerkanntes
Oberhaupt zu geben.' Dagegen rief es durch seine Beschlüsse gegen Huß die
große hussitische Bewegung hervor.
JohauuesHuß, Lehrer an der Universität Prag, hatte innere Schäden
der Kirche ausgedeckt und seine Überzeugungen öffentlich vertreten. Er wurde
vom Kaiser Sigmund, unter Zusicherung freien Geleites, aufgefordert, sich vor
dem Konzil zu Konstanz zu verantworten. Aber hier ward er vom Kaiser schmäh¬
lich im Stiche gelassen, in Kerkerhaft gehalten und als Ketzer verbrannt
(1415). Sein Tod brachte die Böhmen in Aufruhr. Die neue Sitte, auch
den Laien beim Abendmahl den Kelch zu reichen, fand solchen Beifall, daß der
Abendmahlskelch (calix) das Bundeszeichen der Hussiten ward.
Inmitten der Erregung starb der Böhmenkönig Wenzel (1419).
Dem wortbrüchigen Sigmund versagten die Böhmen die Anerkennung- Zu-
gleich erhoben sich die Bauern (die Taboriten), in der Hoffnung, mit der
kirchlichen Reformation zugleich eine Befreiung aus ihrer elenden wirtschaftlichen
Lage zu erlangen. Die losen Bauernhaufen vereinigte ihr hochbegabter Führer,
JohannZiska, zu einer festen Kriegsmacht und trieb damit die Heere, die
Sigmund und das Reich zusammenbrachten, in die Flucht.
Nach Ziskas Tode (1424) trat ein Priester, Prokop der Große, an
die Spitze der Taboriten. Unter ihm brachen die Hussiten in die benachbarten
Länder verheerend ein. Endlich gelang es dem Konzil zu Basel (1431
eröffnet), sich mit den gemäßigten Hussiten, den sogen. Kalixtinern, denen
unter anderem der Laienkelch zugestanden ward, zu einigen. Bald darauf
kam es zwischen den Taboriten und den Kalixtinern zu der Schlacht bei
Böhmisch-Brod (östl. von Prag), in der Prokop fiel und die Taboriten
aufgerieben wurden (1434). Die Kalixtiner erkannten dann die Nachfolge
Sigmunds an. ^ , . or
Das Baseler Konzil nahm nun auch eine Reform der Kirche m An-
griff. Insbesondere suchte es die Völker vor der Willkür und Habsucht des
Papsttums zu schützen; daher schaffte es die Palliengelder (Gelder für Er-
teilung des erzbischöflichen Palliums) und die Annaten (die Entrichtung der
Hälfte der ersten Jahreseinnahme einer Pfründe an Rom) ab. Für Deutsch-
landscheiterte diese kirchliche Reform infolge der Schwäche Kaiser Fried-
richs III. Deutschland blieb nach wie vor der Habsucht Roms ausgesetzt.