Frankreich int 17. Jahrhundert. 195
Königin-Mutter, Maria von Medici. die Regentschaft führte, übten ita-
lienische Günstlinge großen Einfluß auf die Regierung und verletzten durch
Ubermut den französischen Nationalstolz. Erbittert darüber, griffen die ein-
heimischen Edelleute zu den Waffen und erfüllten das Reich mit Aufstän-
den und kriegerischer Unruhe. Nach eingetretener Volljährigkeit übernahm
Ludwig XIII. selbst die Regierung, vermochte jedoch auch nicht Friede und
Ordnung herzustellen. Abermals erhoben sich die Großen des Reichs, so-
wie die in ihren Rechten gekränkten Hugenotten und stürzten das Land in
neue Verwirrung. Solch traurigen Zuständen wußte erst der Kardinal
Richelieu ein Ziel zu setzen. Dieser große Staatsmann behauptete zwei ^cyeueu.
Jahrzehnte lang (seit 1621) eine fast unumschränkte Gewalt und führte,
obwohl der König ihn nie liebte, die Königin nnd der Adel fortwährend
an feinem Sturz arbeiteten, einen gänzlichen Umschwung der Dinge her-
bei. Richelieus Streben war auf Vergrößerung und Abrundung Frank-
reichs nach außen und auf Hebung und Kräftigung der Königsmacht nach
innen gerichtet. Um das Erstere zu erreichen, suchte er das Haus Habs-
bürg zu schwächen und unterstützte daher während des Dreißigjährigen Krieges
die Evangelischen in Deutschland, und um das andere zu erlangen, unter-
ließ er die Einberufung der Reichsstände, brach die Macht des Adels und
des Parlaments und bekämpfte die Hugenotten, die im südlichen und West-
liehen Frankreich mehrere feste Plätze inne hatten. Nachdem er endlich ihr
Hauptbollwerk, La Rochetie1, (1628) zu Fall gebracht, beraubte er sie
ihrer unabhängigen Stellung, gewährte ihnen aber Religionsfreiheit und
gleiche Rechte mit ben Katholiken. Durch Entwaffnung der Hugenotten
war ben unruhigen Großen ihr stärkster Rückhalt genommen; ihre ferneren
Umtriebe beschränkten sich auf Verschwörungen gegen Richelieus Leben, welche
der Schlaue aber durch Strenge und Wachsamkeit zu vereiteln wußte.
Richelieu starb 1642, wenige Monate nach ihm (1643) der König.
Über feiner großartigen politischen Wirksamkeit ist nicht zu vergessen, daß Französische
er als Freund der Künste und Wissenschaften die französische Akademie ge- Akademie
stiftet (1635) und das Palais Royal erbaut hat. Sein Nachfolger war 1635.
der von ihm empfohlene Kardinal Mazarin. Dieser leitete während der Mazarin.
Minderjährigkeit Ludwigs XIV. die Staatsangelegenheiten ganz im Geiste
feines Lehrmeisters Richelieu. Nachdem er in blutigem Bürgerkrieg, dem
Krieg ber Fronbe 1648—1652, ben Widerstand bes Adels und des Par-
laments gebrochen, schuf er die Gegner des Absolutismus nach und nach
zu fügsamen Werkzeugen des königlichen Willens um. Aus Dankbarkeit
dafür ließ Ludwig XIV. (geb. 1638), obwohl er sich schon 1652 für voll¬
jährig erklärte, ben Karbinal bis zu beffen Tob (1661) im Amt, bann
aber übernahm er ohne leitenben Minister selber bie Regierung unb würbe
in derselben das Vorbild aller anderen Herrscher seiner Zeit.
2. Ludwigs XIV. Staatsverwaltung. — Ludwig baute auf gubmig
ben Grundlagen fort, wie sie Richelieu unb Mazarin gelegt hatten. Ein XIV.
Parlament, Daß sich widerspenstig zeigte, jagte er wie einen Haufen Knaben 1643-1715.
auseinanber. Der Abel, vor einigen Jahren noch so eifersüchtig auf Selb¬
ständigkeit, diente jetzt im Heer oder fand fein Glück darin, am Hofe sich
in ben Strahlen der königlichen Gnade zu fonnen. Diesen reichsten und
1 La gfiochelle, feste Stadt am Biskayschen Meerbusen.
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