Kaiser Karl Y. 1519—1556. 133
Sachsen noch 4er Landgraf Philipp von Hessen. Bei solcher Sachlage be-
schloß Karl, zu den Waffen zu' greifen. Äußerst glücklich und schnell endigte
er den schmalkaldischen Krieg (1546 u. 1547). Den Kurfürsten JohannSchmalkal-
Friedrich von Sachsen nahm er in der Schlacht bei Mühlberg 2 (24. April
1547) gefangen, der Landgraf Philipp von Hessen aber mußte sich vor ihm
in Halle demütigen und wurde dann gleichfalls in Haft behalten. Karl stand
auf dem Gipfel seiner Macht und erließ am 15. Mai 1548 das Augs- ^ntenm
burger Interim als einstweilige Richtschnur in Glaubenssachen. Da er-
folgte 1552 der siegreiche Zug des Kurfürsten Moritz von Sachsen3 gegen
den Kaiser, und dieser mußte die beiden gefangenen Fürsten frei lassen und
sich zu dem Vertrage von Passau ^ (2. August 1552) bequemen, durch welchen Passau
die Protestanten vorläufig gleiche Rechte mit den Katholiken erhielten, eine
Bestimmung, die durch den Religionsfrieden zu Augsburg (25. Sep- Augsburg
tember 1555) bestätigt wurde.
Seit der durch Moritz erfahrenen Demütigung nahm in des Kaisers
Gemüte ein sichtlicher Überdruß an den Welthändeln überhand. Da sich hierzu
noch körperliche Leiden gesellten, so faßte er den Entschluß, der Krone zu ent-
sagen. Im Jahre 1555 reiste er nach Brüssel, um seinem Sohne Philipp A^Ver-
die Niederlande abzutreten; Mailand und Neapel hatte er ihm schon früher ^ aus die
übergeben. Die feierliche Handlung erfolgte (25. Oktober) in Gegenwart der Niederlande
niederländischen Stände und vieler Personen vom höchsten Adel. Mit Mühe 1555,
erhob sich der kranke Kaiser von seinem Sessel und hielt, auf die Schulter
Wilhelms von Oranien (S. 143) gestützt, eine so ergreifende Ansprache, daß
die ganze Versammlung zu Thränen bewegt wurde.
Im Januar 1556 trat er seinem Sohne Philipp auch noch Spanien aufSpanien
mit allen neu entdeckten Ländern ab, und im September überließ er die Kaifer- ^wwiitbe
würde seinem Bruder Ferdinands Nachdem er sich so seiner Hoheit ent-
äußert hatte, schiffte er sich nach Spanien ein und bezog eine Wohnung neben
dem Kloster San Inst^. In dieser Einsamkeit verlebte er den Rest seiner Aufenthalt
Tage, ohne sich jedoch, wie neuere Forschungen nachgewiesen haben, von der in^anSuft-
Regierung seiner Länder, namentlich der Spaniens, gänzlich zurückzuziehen.
Er umgab sich mit fürstlicher Pracht und liebte, soweit es die Gicht, an der
er öfters litt, gestattete, namentlich die Freuden der Tafel. — Spätere Schrift¬
steller haben dagegen dies weltliche Treiben zu einem klösterlichen Leben ver-
herrlicht. Nach ihnen verbrachte Karl seine Zeit mit Andachtsübungen, Uhr-
machen und Gartenarbeiten. Einst, fügen sie hinzu, setzte er zwei Uhren sehr
1 Im Kurfürstentum Sachsen folgte auf Friedrich den Weisen (S. 126)
dessen Bruder I ohanu der Beständige 1525—1532 (S. 128 Anm. 3. und S.
130 Anm. 1) und hierauf des letzteren Sohn: Johann Friedrich der Groß-
lNÜtige 1532—1547.
2 Mühlberg, Stadt an der Elbe, oberhalb Torgau. — Passau, Stadt an der
Donau, im Osten Baierns. — San Just, Kloster in Estremadura bei der Stadt
Plaseucia, westlich von Madrid.
3 Sachsen war seit 1485 in die ernestinische und albertinische Linie geteilt; jene
war im Besitz des Kurfürstentums Sachsen, dieser gehörte das Herzogtum Sachsen.
In letzterem regierte 1485—1500 Alb ert der Beherzte, dann folgten dessen Söhne:
Georg der Bärtige (1500—1539) und Heinrich der Fromme (1539—1541), endlich
des letzteren Sohn Moritz (1541—1547); auf diesen ging als Bundesgenossen Karl
des V. nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 das Kurfürstentum Sachsen über, und
seitdem blieb die Kurwürde bei der albertinischen Linie.
4 Von den Kurfürsten wurde Ferdinand als Herrscher erst am 14. März 1558
anerkannt.