Full text: Für den Unterricht in Mittelklassen berechnet (Kursus 2)

38 Alte Geschichte. 
anlassung, noch weiter für die Ehre des römischen Namens zu kämpfen. 
Angesichts der dringenden Gefahr gelobten die Reichen dem Volke Besserung 
feiner Lage. Nun halfen die Plebejer den Feind vertreiben. Nach dem 
Kriege" aber warteten sie vergeblich auf Milderung der Schnldgefetze. So 
mehrmals getäuscht, zog endlich das Volk unter Sicinins im Jahre 494 
494 619Qu§ und lagerte sich l1^ Stunden nordöstlich von Rom auf dem heiligen 
Berge (mons sacer). 
Da sandten die Patricier zehn Senatoren ab, welche das Volk zur 
Menenius Rückkehr bewegen sollten. Hierbei war auch Menenins Agrippa, ein 
" 9rtWa- Liebling der Gemeinde; dieser führte das Wort und erzählte folgende Fabel: 
„—Einst empörten sich die Glieder des Körpers wider den Magen; denn 
sie wollten es nicht länger dulden, daß dieser allein in behaglicher Ruhe in 
der Mitte sitze und sich füttern lasse. Sie versagten ihm also den Dienst. 
Die Hände wollten keine Speise mehr in den Mund bringen, der Mund 
wollte sie nicht aufnehmen, und die Zähne wollten sie nicht zermalmen. 
Diesen Vorsatz führten die Glieder eine Zeit lang aus. Bald aber merkten 
sie, daß es der Magen sei, der die Säfte der empfangenen Speise durch alle 
Glieder verteile und dadurch ihnen allen Kraft und Munterkeit verleihe. Sie 
ließen daher von ihrem Vorhaben ab und söhnten sich wieder mit dem Magen aus." 
Die Plebejer verstanden den Sinn dieser Rede und zeigten sich zum 
Unterhandeln geneigt; doch kehrten sie nicht eher nach Rom zurück, als bis 
die Patricier alle Schuldgefangenen in Freiheit gefetzt und dem Volke eine 
Volkstribu- eigene Obrigkeit gestattet hatten. Seit dieser Zeit (493) wählte das Volk 
uen aus seiner Mitte 2 (darnach 5, später 10) Volkstribuuen (tribuni 
493' plebis), welche die Armen gegen Übergriffe der Patricier schirmen sollten. 
Sie waren heilig und unverletzlich und blieben auch während der Diktatur 
in Wirksamkeit. Bei Senatsversammlungen saßen sie vor der geöffneten 
Thüre des Ratszimmers und hatten das Recht, jedem vom Senat gefaßten 
Beschluß durch ihre Einrede (veto, d. h. ich verbiete) die Giftigkeit zu versagen. 
2. Doch schon in den nächsten Jahren (492—491) hätten die Plebejer 
beinahe die errungenen Rechte wieder verloren. Rom wurde durch eine 
Teuerung. Hungersnot heimgesucht. Der Senat kaufte zwar Korn auf und empfing 
auch gern die Getreidefendungen, welche Hiero, König von Syrakus, der 
darbenden Stadt zum Geschenk machte. Es entstand aber die Frage, zu 
welchem Preise matt die Frucht ablassen wolle. Die meisten Senatoren 
waren der Meinung, das Korn den Plebejern zu schenken oder doch um 
einen geringen Preis zu verkaufen. Dagegen erhob sich Marcius, ein 
stolzer Patricier, der sich durch Eroberung der volkskischett Stadt Koriolt 
Koriolan. den Beinamen „Koriolanus" erworben hatte, und schlug vor, nur dann 
eine unentgeltliche Verteilung vorzunehmen, wenn das Volk bereit fei, die 
auf dem heiligen Berge geschlossenen Verträge zu vernichten. „Denn besser 
ist es", so schloß er, „gar nicht zu regieren, als die Herrschaft mit dem 
Pöbel zu teilen." 
Als das die Tribunen hörten, riefen sie ein Volksgericht1 zusammen, 
Koriolan und dieses verurteilte Koriolan, ber schon zu den Volskern entwichen 
bei den tuen:, zu lebenslänglicher Verbannung. Dafür wollte Koriolan Rache nehmen. 
5Bol§tent 
491. 1 Dies waren die sogenannten comitia tributa, in denen nach Köpfen (viritim) 
abgestimmt wurde.
	        
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