Alarich 395-410. 63
Der Kaiser Honorius wollte den abgeschlossenen Vertrag nicht gelten
lassen, Alarich bedrohte darum Rom schon wieder im nächsten Jahre (409)
und eroberte es endlich 410 durch einen nächtlichen Sturm. Drei TageErMrmung
wurde die Stadt geplündert, aber Kirchen und Heiligtümer blieben verschont. Roms
Alarich verließ Rom nach wenigen Tagen und zog nach Unteritalien,
um von dort aus nach Sicilien und Afrika überzusetzen. Aber zu Kosenza^
ereilte der Tod den 34jährigen Helden. Das ganze westgotische Volk trauerte Alarich
um ihn und bereitete ihm ein denkwürdiges Begräbnis. Sie leiteten den ' ;
Busento ab und gruben in dem trockenen Bett ihrem König das Grab. In e9ra m •
voller Rüstung, das Schwert in der Hand und mit einem kostbaren Schatze,
senkten sie ihn hinab; dann gaben sie dem Wasser seinen vorigen Lauf und
töteten die Gefangenen, welche bei diesem Werke gedient hatten, auf daß nicht
schnöde Habsucht den großen Alarich in seiner Grabesruhe störe.2
3. Alarichs Schwager und Nachfolger Athaulf zog unter dem Titel
eines römischen Feldherrn mit den Westgoten über die Alpen und rückte er-
obernd nach Spanien vor, wurde aber (415) in Barcelona 1 ermordet. Sein
Bruder Walltet (415—419) setzte die Eroberungen fort und besiegte die
Alanen, Sneven und Sandalen3, welche in Spanien eingedrungen waren.
So entstand das westgotische Reich (415), welches das südwestliche Gallien Westgot^
und fast ganz Spanien umfaßte und dessen Hauptstadt Toulouse ^ war. Im 4^5etc^
Jahre 507 wurde dasselbe von den Franken (S. 64) auf Spanien beschränkt
und hier bestand es bis 711, wo es den Arabern unterlag.
Schon vor den Westgoten hatten deutsche Völkerschaften in Gallien
und Spanien sich niedergelassen. Im Jahre 406 gingen die Sueveu und
Vaudalen, mit denen sich die Alanen vereinigt hatten, über den unbewachten
Rhein (S. 62) und verwüsteten drei Jahre lang Gallien. Dann (409) zogen
sie durch die Pyrenäenpässe nach Spanien, das sie den Römern entrissen.
Von den eingewanderten Westgoten gedrängt, setzten die Vandalen, denen sich ^^dalen
die Alanen unterworfen hatten, unter ihrem Könige Geisertch oder Genserich
(429) nach Afrika über und machten die dortige römische Provinz zu ihrem
Reich und Karthago zur Hauptstadt.^ Die Sueveu dagegen behaupteten
sich bis 585 in dem nordwestlichen Teil ber pyrenäischen Halbinsel, wo ihr
Reich mit bem westgotischen vereinigt würbe.
Gleichzeitig (406) mit Sneven, Vanbalen unb Alanen waren bie
1 Kosenza, Stadt im südlichen Teil Unteritaliens, am Busento. — Barce¬
lona, Stadt im nordöstlichen Spanien, am mittelländischen Meere. — Toulouse,
Stadt im südlichen Frankreich an der Garonne.
2 Vgl. Platen, das Grab im Busento.
3 Die Alanen (S. 61) waren mit den Hunnen nach Ungarn gekommen. Von
hier aus zogen sie 406 mit den Vandalen (f. oben) nach dem Rhein — Die Sueven,
eine Vereinigung mehrerer deutscher Völkerschaften, die zur Zeit Casars im Westen von
Mitteldeutschland wohnten, später den Osten Deutschlands von der Donau bis zur
Ostsee einnahmen. Zur Zeit der Völkerwanderung bezeichnet der Name „Sueven"
einen einzelnen Stamm (die Semnonen) aus jenem Völkerbünde. — Die Vandalen,
eine Völkerschaft des großen suevischen Bundes, wohnten ursprünglich am nordöstlichen
Riesengebirge. Später schlössen sie sich den Ostgoten an und saßen im vierten Jahr-
hundert in Ungarn. Von dort wanderten sie zu Anfang des fünften Jahrhunderts
westlich nach dem Rhein.
4 Das Vandalenreich in Nordafrika hat von 429— 534 bestanden, wo es von
Belisar erobert und dem öströmischen Reiche einverleibt wurde.