74 Unruhen der beiden Gracchen. 
Aber neben dem größten Reichtum herrschte auch die bitterste Armut 
unter der Masse des Volks. Es fehlte der Mittelstand mit mäßigem 
Auskommen. Dies kam daher, weil das Gesetz des Lidnius 
^tolo: „Niemand soll mehr als 500 Morgen Staatsländereien in 
Pacht haben" (§. 52) nicht aufrecht gehalten wurde. Die reichen 
römischen Familien besaßen große Landgüter, die sie von ihren Skla- 
den*) bebauen ließen; der gemeine Mann besaß entweder gar kein 
Grundstück, oder wenn er ein solches hatte, so wurde es während 
der Kriege nicht sorgfältig bebaut, es wurde dem Reichen verpfändet 
und fiel dann in die Hände der Wucherer. Deshalb erneuerte der 
edle Volkstribun Tiberius Gracchus**) im Jahre 133 v. Chr. 
das Ackergesetz: „Niemand soll über 500 Morgen Staatsländereien 
in Pacht haben; die übrigen Ländereien sollen in kleinen Teilen an 
die ärmeren Bürger verteilt werden." Außerdem verlangte er, daß 
die Erbschaft des reichen Königs Attalus III. von Pergämum 
unter die ärmeren Bürger verteilt würde. Hiergegen entstand ein 
Aufruhr der Reichen, sie klagten den Tiberius Gracchus an, er 
strebe nach der königlichen Gewalt, und so wurde er im folgenden 
Jahre bei der neuen Tribunenwahl im Tumult erschlagen. — Allein 
nach 10 Jahren, im Jahre 123, schlug sein jüngerer Bruder Gajus 
Gracchus abermals Ackergesetze und ein Getreidegesetz vor, wonach 
Korn um einen geringen Preis an die ärmeren Bürger verteilt wer- 
den sollte; auch stellte er den Antrag, daß den italischen Bundes- 
genossen das volle römische Bürgerrecht erteilt werde. Hierdurch ent- 
stand ein furchtbarer Kampf in den Straßen der Stadt zwischen der 
Partei der Reichen, an deren Spitze der Consul Opimius stand, 
und der Partei des Gracchus, bis im Jähre 121 die Partei des 
Gracchus unterlag. Gracchus flüchtete in einen Hain jenseits 
der Tiber und ließ sich hier das Schwert durch die Brust stoßen. 
An seinem Leichnam schnitt einer seiner Gegner den Kopf ab, füllte 
ihn mit Blei und brachte ihn dem Consul Opimius, denn dieser 
hatte versprochen, für den Kopf soviel Gold zu geben, als er wiegen 
würde. Damals wurde auch der jüngere Scipio Asricanus von 
einem Meuchelmörder ermordet. Man fand ihn eines Morgens getötet 
in seinem Bette liegen. 
*) Es gab auch gelehrte Sklaven, welche die Kinder vornehmer Römer 
erzogen und unterrichteten. 
**) Die Mutter der beiden Gracchen war Cornelia, die Tochter des Cor- 
nelms Sciplo Africanus des Alteren. Diese erhielt einst den Besuch einer vor- 
nehmen Frau aus Campanien, welche alle ihre Schätze vor ihr ausbreitete und 
sie bat, thr auch die ihrigen zu zeigen. Cornelia ließ sogleich ihre beiden Söhne 
kommen und sagte: „Diese sind mein Schmuck, diese sind meine Kostbarkeiten".
	        
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