Full text: Deutsche und preußische Geschichte seit 1740 (Teil 4)

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Staatsverwaltung, insbesondere die Minister. Die Justiz rvird 
im Namen des Königs durch Richter ausgeübt, die vom Könige 
ernannt werden, aber unabsetzbar sind; der König hat das Recht 
der Strafmilderung und der Begnadigung. Alle Regierungshand- 
lungen des Königs bedürfen zur Gültigkeit der Gegenzeichnung 
(Mitunterschrift) durch einen Minister, der dadurch die Verantwort- 
lichkeit übernimmt. Der König selbst ist unverantwortlich und un- 
verletzlich. Die gesetzgebende Gewalt übt der König im 
Verein mit der Volksvertretung, dem Landtage, aus. 
D e r L a n d t a g besteht aus zwei Kammern, dem Herrenhause 
und dem Abgeordnetenhause. Wie die Regierung, so hat auch jede 
der beiden Kammern das Recht, Gesetze vorzuschlagen. Zur 
Gültigkeit der Gesetze ist Übereinstimmung des Königs und beider 
Kammern erforderlich. Der Staatshaushalt wird jährlich 
von der Regierung unter Mitwirkung der Kammern festgesetzt. 
Das Herrenhaus besteht aus den volljährigen Prinzen 
des königlichen Hauses, aus teils erblichen, teils lebens¬ 
länglichen Vertretern des hohen Adels, aus Vertretern des 
Großgrundbesitzes, der großen Städte, der Universitäten und tech- 
nischen Hochschulen, sowie aus solchen Männern, die aus könig- 
lichem Vertrauen auf Lebenszeit in diese Versammlung be- 
rufen sind. 
Das Haus der Abgeordneten besteht aus 443 Mit¬ 
gliedern. Sie werden alle fünf Jahre vom Volke gewählt; zur 
Wählbarkeit ist ein Alter von 30 Jahren erforderlich. Behufs der 
Wahlen zum Abgeordnetenhause wurde das Land in Wahl- 
bezirke so eingeteilt, daß etwa auf 50000 Einwohner ein Abge¬ 
ordneter kam. Der seitdem erfolgten Vermehrung und Verschiebung 
der Bevölkerung Preußens wurde später durch einige Änderungen 
der Wahlbezirke nur unvollkommen Rechnung getragen. Daher ist 
jetzt bei den Wahlen der Osten der Monarchie vor dem Westen und 
sind die ländlichen Bezirke vor den industriellen im Vorteile. Die 
Wahlbezirke zerfallen in Urwahlbezirke (von 750 bis 1750 
Einwohnern). 
Jeder Preuße, der mindestens 24 Jahre alt und im Besitze der 
bürgerlichen Rechte ist (s. S. 51), hat aktives Wahlrecht. (Für 
Militärpersonen ruht das aktive, nicht das passive Wahlrecht.) Doch 
werden die Wähler jedes Urwahlbezirkes nach der Höhe der 
Stein, Geschichte für Mittelklassen. IV. 6
	        
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