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Während der Vormittagsstunden werden die Engros-Geschäfte in
den Khanen abgemacht. Der Khan ist ein großes, meist viereckiges,
feuerfestes Gebäude, dessen Mittelraum oft ein Bassin fließendes Wasser
hat und meist mit einer Kuppel umwölbt ist, die für Licht und Luft
Fenster hat. Bei großer Räumlichkeit ruht auch wohl die Kuppel auf
Säulen oder Pfeilern, wie dies beim prächtigen, einer Patricierfamilie
gehörigen Khan Asad Pascha am „Droguistenmarkt" der Fall ist. An
der Fronte desselben befindet sich ein Portal, das ein wahres Meister¬
stück maurischer Baukunst ist, dessen Höhe kein Portal unserer europäi¬
schen Dome und dessen wahren Kunstwerth nur wenige der letzteren er¬
reichen dürften. Die Hinterseite des Gebäudes begrenzen Höfe, wo sich
die Wohnungen für Reisende, die Stallungen und Niederlagen befinden.
In den meisten Khanen befindet sich neben der Thür der einzelnen Ma¬
gazine eine erhöhte Estrade oder ein Holzgestell, worüber eine Matte
gebreitet und woraus ein Teppich gelegt ist. Da sitzt der Kaufmann,
eine Tabackspfeife rauchend oder einen Brief schreibend, wobei er das
Blatt auf die innere Fläche der linken Hand legt und mit dem Daumen
derselben hält, während er mit der Rechten das Schreibrohr führt, und
„mit der Hand zum Herzen" schreibt, wie diese Art von der Rechten zur
Linken zu schreiben genannt wird. Hat er keine Kunden zu bedienen, so
plaudert er meistens mit dem Nachbar. Aus diesen Magazinen holen
die zahllosen Kleinhändler ihren Bedarf an Damascener und fremden
Fabrikaten*), hier werden die Tauschgeschäfte der persischen (Bagdader)
Commissionäre gemacht, hier die Rohproducte des Landes aufgespeichert,
um größtenteils nach Beirut und Saida**), den beiden Häfen von Da-
mascus, versendet zu werden. Sehr belebt wird das Geschäft in den
Khanen, wenn Karawanen nach Bagdad und Persien abgehen oder von
dorther kommen; noch großartiger ist es alljährlich vor dem Abgang der
großen Mekka-Pilger-Karawane und vier Monate später bei deren Rück¬
kehr, da jeder Pilger etwas mit nach Hause bringen will. Dann gewährt
namentlich der weitläufige Roßmarkt, wo Tausende von Thieren ver¬
kauft oder vertauscht werden, ein sehenswerthes Bild; man sieht da
Menschen von Jemen, Aegypten, Westafrika, den griechischen Inseln, der
Türkei, Krim, von Kleinasien, Kaukasien, Kurdistan, Persien, Bochara,
Turkistan, Afghanistan und Indien in buntester Mannigfaltigkeit.
Wollen wir uns noch in das Gedränge einer Budenreihe wagen,
um den Abschluß eines Geschäftes zu beobachten? Freilich ist das Gedränge
so stark, daß man vor den schmutzigen Araber-Toiletten nicht zurückweichen
kann, und dabei der Lärm betäubend. Doch versuchen wir's getrost. Wir
treten an eine Bude, wo es sich um Werthvolles handelt im Kauf und
*) Bon europäischen Maaren sieht man fast nur englische, dann auch viel Musse¬
lin mit amerikanischem Stempel.
**) Saida, hoch au der Küste des Mittelmeeres gelegen, hat einen versandeten
Hafen, aber sehr besuchte Rhede, und der Handel mit Südfrüchten ist besonders lebhaft.
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