Full text: [Teil 2,2] (Teil 2,2 für Obertertia)

Die Zeit des Großen Kurftirftett. 129 
Seit dem Beginn des Jahres 1688 war der Zustand des Kur-Die uw seit 
surften, der schon lange von schweren körperlichen Leiden heimgesucht 
wurde, hoffnungslos. Doch bis zum letzten Augenblick widmete er sich 
den Staatsgeschäften. Noch drei Tage vor seinem Tode berief er die 
geheimen Räte zu sich nach Potsdam und sprach hier zum Kurprinzen ®e; 
die schönen Worte: „Durch Gottes Gnade habe ich eine lange und glück- dem Rur¬ 
liche, aber auch sehr mühsame, von Unruhen und Kriegen begleitete pr "3e" 
Regierung geführt. Welche Beschwerden, welche Sorgen dies mir, welche 
Trübsal dadurch meinem Lande verursacht, ist bekannt. Durch Kriege 
verwüstet, im armseligsten Zustand fand ich die Länder nach meines 
Daters Tode. Durch Gottes Hilfe hinterlasse ich das Land in einem weit 
blühenderen Zustande, im Frieden, von meinen Feinden gefürchtet, von 
meinen Freunden geliebt und geehrt. Ich zweifle nicht, daß auch du, 
mein Sohn, mein Nachfolger, in denselben Maximen fortfahren wirst, es 
zu beherrschen; vor allen Dingen Gott vor Augen haben! versäume nie 
die bei einer solchen Verwaltung nötige Vorsicht; mit den tDäffen in der 
Hand sei jederzeit bereit, aber nur um des Landes Sicherheit und das 
Ansehen deines Hauses zu bewahren." Um 9 Uhr morgens am 29. April K«iSn 
1688 starb der Kurfürst, sich selbst die Augen schließend. 
Pufendorf, der dem Kurfürsten persönlich nahe stand, schildert ihn 
folgendermaßen: „(Es leuchtete aus seinem Antlitz gleich beim ersten An¬ 
blick ein gewisses Etwas, das sofort den Helden erkennen ließ, eine 
gewisse Majestät, welche Ehrfurcht erweckte, aber durch den unverkenn¬ 
baren Ausdruck so gemildert wurde, daß man ihn in demselben Grade 
liebgewann. Und so geschah es, daß er oft genug das Gewand der 
Größe gleichsam abstreifte und sich im Verkehr mit den Seinen auf das 
ungezwungenste gehen ließ, und daß diese doch nie aus den Schranken 
der Zurückhaltung herausgetreten wären und seine Leutseligkeit gemiß- 
braucht hätten. Wer ihm in den XDeg kam, den redete er in seiner zu¬ 
gänglichen Art an und just auf das hin, worauf ein jeder sich verstand." 
Schön und einfach ist auch das Wort, das Friedrich der Große im ^Großen 
Januar 1750 gesprochen hat, als der Sarg des Kurfürsten vom alten mort 
Dom nach dem neuen im Lustgarten übergeführt wurde. Nachdem der 
Sarg auf Befehl des Königs geöffnet war, stand Friedrich eine Zeitlang 
in den Anblick der noch erkenntlichen Gesichtszüge versunken, dann wandte 
er sich zu seinem (Befolge um mit den Worten: „Messieurs, der hat viel 
getan." 
Kod|, Lehrbuch der Geschichte, II. 2. 
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