Full text: [Teil 2,2] (Teil 2,2 für Obertertia)

Die Gegenreformation. 67 
Leopold in Jülich ein. Johann Sigismund und wolsgang Wilhelm 
wandten sich an die Union und fanden hier rote auch in den Nieder- 
landen und bei König Heinrich IV. von Frankreich Unterstützung. 
Ein großer Krieg gegen Habsburg stand bevor, doch wurden die 
Gewitterwolken noch einmal zerstreut durch die Ermordung König ^cin^bsiv- 
Heinrichs, der schon alles vorbereitet hatte, um ein starkes und 
roohlgerüjteies Heer gegen Österreich und Spanien vorzuschicken. Rber 
auch ohne die Hilfe der Franzosen behaupteten sich die beiden Fürsten 
im Lande und zwangen den (Erzherzog Leopold, Jülich zu verlassen. Doch 
das gute Einvernehmen zwischen Brandenburg und Neuburg dauerte nicht 
lange, und die endgültige Regelung der Erbfolge stand immer noch aus. 
Da trat Wolfgang Wilhelm, persönlich von Johann Sigmund gereizt Wang 
— er soll bei einem Trinkgelage von ihm eine Ohrfeige bekommen wird 
haben — und um die Hilfe der Liga zu gewinnen, zum katholischen 6atWi,d) 
Glauben über und verheiratete sich mit einer Schwester des Kurfürsten 
von Bayern. Bald darauf — am ersten Weihnachtstage des Jahres 
1613 — nahm der Kurfürst Johann Sigismund das Rbendmahl nach 
reformiertem Ritus. Er bekannte sich damit zum (Ealvinismus und zwar 
aus voller Überzeugung, weil die Unduldsamkeit des verknöcherten wird 
Luthertums ihn abstieß - zugleich hoffte er dadurch die Hilfe der Union reformtert 
und der Niederlande zu gewinnen, holländische Truppen nahmen denn 
auch die Festung Jülich in Besitz, während die Spanier nach einem Be¬ 
schluß der Liga sich der Festung Wesel bemächtigten, wieder schien 
über die Iülichsche Frage der Krieg ausbrechen zu wollen, aber noch 
einmal kam es zu einem gütlichen Ausgleich, der eine vorläufige Teilung 
der Lande festsetzte. 3m November 1614 einigte man sich zu Xanten üe*2n3U 
dahin, daß Eleve, Mark und Ravensberg an Brandenburg, Jülich und 1614 
Berg an Pfalz-Neuburg fielen. 
§ 51. Die böhmischen wirren. Schon seit 1600 erhoben sich 
gegen Kaiser Rudolf II., bei dem sich Spuren von Geisteskrankheit mit 
den Iahren immer deutlicher zeigten, von allen Seiten bittere Klagen. 
Um nun die Macht des Hauses Habsburg nicht allzusehr zu schwächen, 
beauftragten die (Erzherzöge „wegen der an römisch-kaiserlicher Majestät 
zu unterschiedlichen Zeiten sich zeigenden Gemütsblödigkeiten" dessen Bruder 
Matthias, „Rechte und Geschäfte zu handhaben". Dieser zog mit einem 
Heer im Mai 1608 vor Prag und zwang den Kaiser, ihm die Regierung 
in (Österreich, Mähren und Ungarn zu überlassen. In Böhmen behauptete 
sich der Kaiser noch dadurch, daß er den Ständen Religionsfreiheit in 
Aussicht stellte und ihnen ihre Forderungen in dem sogenannten Majestäts- 
brief (1609) zugestand. Dieser gestattete den Herren, Rittern und König- 1609 
liehen Städten freie Religionsübung, räumte ihnen die Befugnis ein, eigene 
Vertreter ihres Glaubens, „die Defensoren", zu wählen und erlaubte die 
(Erbauung von Kirchen „einem jeden insonderheit anjetzo und künftighin". 
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