Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
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zurück. Daun, der zu seiner Verwunderung das alte preußische Lager bei
Liegnitz leer gefunden hatte, war nachts gegen zwei Uhr vorgerückt, um
sich den abziehenden Gegner nicht entgehen zu lassen, ging aber ebenso
wie Lacy auf die Kunde von Laubons Niederlage bei Pfaffendorf wieder
zurück.
Die unmittelbare Holge des Liegnitzer Sieges war der Rückzug der
Russen über die Oder, der eine Vereinigung mit den Österreichern un¬
möglich machte. Dafür konnte der König ungehindert seine Verbindung
mit Breslau und dem Heere des Prinzen Heinrich herstellen. Erst Anfang
Oktober gingen Österreicher und Russen wieder gemeinsam vor, indem sie
einen Vorstoß gegen Berlin unternahmen, vor dessen Toren am 3. Oktober
zunächst die Russen unter General Tottleben anlangten. Der schwachen
Besatzung Berlins gelang es, dank der Unerschrockenst des 75 jährigen
Generals Lehwaldt und des von seiner Kunersdorfer Wunde noch nicht
genesenen Generals SeyMitz, die Russen am hallischen und Kottbufer Tor
zurückzuschlagen. HIs aber immer stärkere Abteilungen von Russen und auch
die Österreicher unter Lacy gegen Berlin anrückten, zogen sich die beiden
Generale in der Nacht zum 9. Oktober auf Spandau zurück. So rückte am
9. Oktober 1760 der Feind in Berlin ein. General Tottleben ließ sich durch
den reichen Kaufmann Gotzkowsky bestimmen, mit einer Kontribution von Gohkowski,
anderthalb Millionen Talern, für die dieser Bürgschaft leistete, sich zu be¬
gnügen. Dafür hielt er aber auch auf strenge Manneszucht bei seinen
Soldaten, so daß sich die Berliner nicht zu beklagen brauchten. Anders
aber ging es in der Umgegend der Hauptstadt zu. 3n den Schlössern zu A?"sAssA
Schönhausen und Tharlottenburg hausten Kosaken und österreichische
Husaren oft unter den Augen der Offiziere in geradezu fürchterlicher Weise.
Aber nur wenige Tage dauerte der Besuch dieser unliebsamen Gäste. Der
Ruf „Der König kommt!" verscheuchte wie im 3ahre 1757 mit Windes¬
eile die Scharen der Heinde. Die Russen gingen über die Oder zurück,
Lacy mit den Österreichern nach Sachsen.
§ 20. Torgau. Dorthin hatte sich auch Daun, der dem König bei
seinem Aufbruch aus Schlesien immer auf den Fersen war, wieder begeben.
Sachsen zu retten, das ganz in den Händen der Österreicher war, denn
Daun hatte sich mit Lacy unweit Torgau vereinigt, war jetzt Friedrichs
unerläßliche Aufgabe. Der König, der am Zusammenfluß von Elbe und unb £act>
Mulde stand, war entschlossen, „alles zu wagen und die verzweifeltsten
Dinge zu versuchen, um zu siegen oder ein Ende mit Ruhm zu finden."
Die Österreicher lagerten in der Nähe von Torgau auf den Süptizer höhen, To?ga?i?«i
die für uneinnehmbar galten. Der König plante einen gleichzeitigen An¬
griff auf die Österreicher in der Front und im Rücken. General Z i e t e n,
der zum erstenmal selbständig ein Korps in den Kampf führte, sollte die
Österreicher in der Front angreifen, wenn Friedrich im Rücken derselben