Gudrun, die das Volk bewahrt hatte, und die zu Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts niedergeschrieben wurden. — Die Hauptvertreter des Kunst-
epos sind tzartmann von der Aue, Wolfram von Eschenbach,
der größte deutsche Dichter des Mittelalters, der im „Parzival"-) den
höchsten Glanz des weltlichen und geistlichen Rittertums besingt, Gott-
sried von Straßburg, der Pfaff Konrad, der Pfass
Lamprecht und Heinrich von Veldecke. — Der Minnegefang
nahm die Schönheit und die Tugenden der Frauen zum Gegenstände
seiner schwärmerischen Verehrung und Verherrlichung und sand in
Walther von der Vogelweide seinen begabtesten und begeistertsten
Vertreter. Die Blütezeit der deutschen Poesie liegt gegen 1200.
Als mit dem Verfall des Rittertums auch der Miunegesang ver¬
stummte, zog die Dichtkunst von den Burgen in die ausblühenden Städte,
wo der Meistergesang entstand, und wo z. B. in Nürnberg Hans
Sachs seine weltlichen und geistlichen Lieder erschallen ließ.
Im Süden Frankreichs blühte die Poesie der Troubadours,
die den Minnegesang pflegten, während die Trouveres des nördlichen
Frankreich ernstere Poesien liebten." Der Sieg der Spanier über die
Mauren wird im Cid in herrlicher Weise besungen, und in Italien
beschreibt der gelehrte Dante Alighieri (f 1321) in seiner „göttlichen
Komödie" seine Wanderung durch die Hölle, das Fegfeuer und den
Himmel in einer erhabenen, ideenreichen Sprache. Aus der Sphäre des
sinnlichen und eigensüchtigen Treibens dieser Erde erhebt er sich aus die
Höhe der christlichen Weltanschauung, und da er mit offenem Freimute
die Personen schildert und auf die damalige Wissenschaft Bezug nimmt,
ist dieses großartige Gedicht zugleich ein Spiegelbild seiner Zeit.
Petrarca dichtete seine Sonette, Boccaccio seine Novellen.
2. Der gotische Baustil. Der gotische Baustil entstand im zwölften
Jahrhundert im nördlichen Frankreich, wanderte sodann nach England
hinüber und kam im dreizehnten nach Deutschland, wo er sich zur höchsten
Vollendung entwickelte. Seine hauptsächlichste Eigeuart ist der Spitz-
bogen,2) der bei Fenstern, Türen und Gewölben ferne vorzüglichste Anwen¬
dung findet; deshalb wird der gotische Baustiel auch der Spitzbogenstil
genannt. Die Bezeichnung gotisch rührt vou den Italienern her. bei denen
jedoch gotisch soviel als barbarisch heißen soll. Bei dem Spitzbogen ist es
möglich, Bögen und Gewölbe von verschiedener Spannweite zu gleicher
Höhe zu ziehen und den Grundriß freier und mannigfaltiger zu gestalten.
') Wacker, Lesebuch Nr. 166: „Der hl. Gral".
2) Er findet sich schon bei den spätromanischen Bauten.
Brockmann, Lehrbuch der Geschichte. II. 11