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Die französische Ieörnarrevotntion von 1848.
1. Der Sturz der bisherigen Regierung. In Frankreich hatte
der „Bürgerkönig" Louis Philipp nach und nach seine Beliebt-
heil eingebüßt und seinen Einfluß verloren. Dem Lande war
zwar eine Verfassung gegeben; da diese aber von den Ministern nur zum
Scheine beobachtet wurde und der König den reicheren Bürg er stand ,
die Bourgeoisie, auf Kosten der übrigen Stände bevorzugte, sover-
feindete er sich mit den Republikanern, den Bo napartisten
und den Legitimsten, den Anhängern der alten Königsfamilie der
Bonrbonen. Wie vor dem Ausbruch ber ersten Revolution, fo suchten
auch jetzt gewissenlose Dichter und Schriftsteller, wie Viktor
Hugo, George Saud und Eugen Sue die Unzufriedenheit der be¬
sitzlosen Arbeiterklasse zu schüren. „Eigentum ist Diebstahl," predigte
Proudhon, während Lonis Blanc ein Gemeingut aller Arbeits-
mittel und eine Verteilung der wirtschaftlichen Erträge erstrebte und von
dem Staate die Auerkeimimg des „Rechtes auf Arbeit" forderte. Da
ferner durch die hohe Einschätzung kaum eine Million Staats¬
bürger das Wahlrecht besaßen, verlangte das Volk eine Änderung
des Wahlgesetzes.
Das Verbot der Abhaltung eines Reformbanketts seitens der Re-
giernng war die Veranlagung zum Ausbruch der dritten französischen
Revolution am 22. Februar 1848, der sogenannten Februarrevolution.
Der König Louis Philipp dankte ab und floh mit seiner
Familie nach England. Frankreich wurde als Republik
erklärt, eine vorläufige Regierung eingesetzt und eine verfassunggebende
Nationalversammlung einberufe«. Zum Präsidenten wählten die Fran-
zosen einen Neffen Napoleons I.. den Prinzen Louis Napoleon
Bonaparte.
2. Napoleon III. a) Der Staats st reich. Louis Napoleon,' der
zweite Sohn des ehemaligen Königs Ludwig von Holland, hatte schon zweimal
verbucht, sich zum Herrscher von Frankreich zu machen, das erste Mal durch
einen Aufstand zu Straßburg (1836), das zweite Mal zu Boulogne bei Gelegen-
heit der Uberführung der Leiche Napoleons I. nach Paris (1840); beide Ver¬
suche mißlangen.
Als Napoleon seine Stellung als Präsident befestigt, das Heer auf feine
Seite gebracht und das Volk für sich gewonnen hatte, wagte er am 2. Dezember
1851 den sogenannten Staatsstreich. Er ließ seine gefährlichsten Gegner,
den Abgeordneten Thiers und den General Cavaignac, verhaften, löste die
Nationalversammlung auf und warf den Aufstand der Pariser durch das
Militär nieder; dann riß er, durch eine künstlich geleitete Volksabstimmung zum
Pri n z-Präsid ent en auf 10 Jahre gewählt, die Alleinherrschaft an sich.