Full text: Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden (Teil 3)

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schwereil Schlage erholt, auf allen Gebieten steht sie heute leistungsfähig 
da, auf verschiedenen ist sie selbst der hochentwickelten englischen und 
amerikanischen Industrie eiue gefährliche Konkurrentin geworden. Deutsch- 
laud wurde ein Industriestaat ersten Ranges, dessen Leistungen 
auf den letzten Weltausstellungen Bewunderung und Anerkennung, aber 
auch Neid erweckten. 
Die Benutzung der Dampfkraft ersetzte die kostspielige menschliche 
Arbeitskraft, ihre gewaltige Ausdehnung dagegen schns einen neuen 
Stand, den Stand der Industriearbeiter, die bei ihrer einseitigen, 
schweren Beschäftigung nicht ihre Zufriedenheit fanden, da der Mensch 
im gewissen Sinne auch nur eine Maschine war. Dazn kam noch, daß 
oftmals die Arbeiter bei dem Mangel an Arbeiterfchntzgefetzen in rück- 
sichtsloser Weise ausgenutzt wurden (Trucksystem). Auch die Kiuder 
wurden zu lange in den Fabriken beschäftigt, wodurch sie körperlich und 
geistig Schaden litten. 
Infolge der Überproduktion entstand nicht selten eine Stockung im 
Absätze, die Preise gingen zurück, die Fabriken machten bankrott, hohe 
Kapitalien wurden eingebüßt, den Arbeitern mnßte gekündigt werden, 
und viele Familien kamen in Not und Elend. 
Durch das Ausblühen der Fabriken ging das Handwerk immer 
mehr zurück, weil es anfangs die Maschine in seinen Dienst zu stellen 
nicht verstand und schon deshalb seine Waren nicht so billig abgeben 
konnte, wie der Großbetrieb. Durch ein festes Znsammenschließen. 
Bildung von Genossenschaften, Errichtung von Handwerkskammern, durch 
eiue bessere Schul- und Fachbildung uud durch den Erlaß gesetzlicher 
Bestimmungen hat es sich in den letzten Jahren ganz bedeutend gehoben. 
b) Handel uud Verkehr. Haudel uud Verkehr haben durch 
die Dampfkraft, die Elektrizität, den Telegraphen und das 
Telephon eiue vielseitige Veränderung erfahren uud eine kanm glaub- 
liche Ausdehnung genommen. Deutschlands Außenhandel, kräftig geschützt 
durch eine starke Flotte, ist zum Welthandel geworden, seine Handels- 
flotte nimmt die zweite Stelle ein, auf dem Weltmarkt gewinnt Deutsch¬ 
land von Jahr zu Jahr mehr an Ansehen und Einfluß. Hamburg 
und Bremen gehören zu den bedeutendsten Seehandelsplätzeu der Welt. 
Der Stempel „Made in Germany", der den aus Deutschland bezogenen 
Waren aufgedrückt wurde, um sie in England gegen die einheimischen 
zurückzudrängen, hat die entgegengesetzte Wirkung gehabt. Auf den 
Weltansstellungen zu Chicago, Paris und Lüttich reihten sich die Er- 
zeugnisse der deutschen Industrie ebenbürtig den besten anderer Nationen 
an, auf manchen Gebieten nahmen sie sogar die erste Stelle ein.
	        
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