Full text: Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden (Teil 3)

— 46 — 
Zweiter Abschnitt. 
Das Deutsche Weich. 
Kaiser Leopold I. 1658 -1705/ 
L Wahl und Persönlichkeit. Nach dem Tode des Kaisers 
Ferdinand III. (II. T. S. 262) machte Ludwig XIV. die größten An- 
strengungen, die deutsche Kaiserkrone zn erlangen, und da er bereits vier 
Kurfürsten für sich gewonnen hatte, so wäre ihm auch wohl dieser Plan 
gelungen; wenn nicht der Kurfürst Friedrich Wilhelm von 
Brandenburg die Wahl auf Leopold, den Sohn des gestorbenen Kaifers, 
gelenkt hätte. 
Leopold war ein Fürst von manchen trefflichen Eigenschaften, aber 
kein Herrscher, wie ihn seine Zeit erforderte; es fehlte ihm an Selbst- 
vertrauen und raschem Handeln und gegen fremde Anmaßung an Kraft 
und Entschiedenheit. Seine Regierung würde auch größere Ersolge auf- 
zuweisen haben, wenn Deutschland infolge des Dreißigjährigen Krieges 
nicht verarmt und zerrissen gewesen wäre und der Kaiser sich auf die 
Reichsfürsten hätte mehr verlassen können. Leopold liebte Kunst und 
Wissenschaften und ließ in Breslau, Olmütz und Innsbruck Universitäten 
errichten. 
2. Seine Kriege, a) Die Türkenkriege. (1664 und 1683 
bis 1699.) Im Jahre 1664 sielen die Türken in Obernngarn ein, weil 
Osterreich in Siebenbürgen die Wahl eines einheimischen Fürsten begünstigte. 
Bei der Abtei St. Gotthard an der Raab wurden die Türken von 
dem kaiserlichen Feldherrn Montecnculi unter Beihilfe des westfälischen 
Haudegen Grasen Johann von Sporck vollständig geschlagen. 
In Ungarn war wegen religiöser und politischer Meinuugs- 
Verschiedenheiten ein Aufruhr entstanden, an deren Spitze der Graf 
Tököly stand. Sowohl LndwigXlV. als auch der Sultan MohammedIV. 
.suchten die Zwietracht zu schüren. 
Der türkische Großvezier Kara Mustafa erschien mit einem Heere 
von 200 000 Mann vor Wien und schloß die Stadt ein. Trotz der Helden- 
mutigen Verteidigung durch den tapferen Grafen Rüdiger von 
Star Hemberg J) hätte sich die Stadt ergeben müssen, wenn nicht im 
Augenblicke der höchsten Not der Polenkönig Johann Sobieski 
und der Herzog Karl von Lothringen ein Ersatzheer herbeigeführt 
*) Vergl. Wacker, Lesebuch III, Nr. 143, „Die Befreiung Wiens"
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.