Full text: Erzählungen aus der Geschichte des Mittelalters in biographischer Form (Teil 1)

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aus Liebe zu dem, der sie selbst aus heidnischer Finsternis 
zu göttlichem Lichte berufen hatte, zu den deutschen Stämmen 
wanderten, um auch ihnen die Segnungen des Christentums 
zu bringen. Die ersten Bekehrer aus Irland waren Colum- 
ban, Gallus, Kilian, Emmeran, die in verschiedenen 
Gegenden Deutschlands das Evangelium predigten und unter 
Entbehrungen, Mühseligkeiten und Gefahren Klöster und Kirchen, 
die Stätten christlicher Bildung, gründeten. Auf diese irischen 
Bekehrer folgte der Angelsachse Wilibrord, der den Friesen 
das Christentum verkündigte und das Erzbistum Utrecht stiftete. 
Vor allen aber ragte Winfried, mit seinem geistlichen Namen 
Bonifacius, hervor, der als der eigentliche Apostel der 
Deutschen und als ihr größter Wohlthäter zu betrachten ist. 
Bonifacius, aus Wessex in England gebürtig, fühlte 
schon früh den innern Drang, den Heiden das Evangelium 
zu predigen und begab sich deshalb (715) an die Küste von 
Friesland, wo Herzog Ratbod herrschte. Dieser Fürst war 
schon einmal im Begriff gewesen, sich taufen zu lassen. Als 
er schon den einen Fuß im Wasser hatte, fiel es ihm ein, 
den Geistlichen zu fragen, ob seine Vorfahren im Himmel wären: 
der Geistliche verneinte es, weil sie ja Heiden gewesen wären. 
Da zog Ratbod den Fuß mit den Worten zurück: „Nun so 
will ich auch nicht in den Himmel, sondern dahin kommen, 
wo meine Vorfahren sind." Auch Bonifacius konnte, da die 
Friesen dem Christentum allzu feindselig waren, noch nichts 
ausrichten und kehrte nach England zurück. 
Mit einem Empfehlungsschreiben des englischen Bischofs 
reiste er (718) nach Rom, wo ihn Papst Gregor II. zu seinem 
Berufe bevollmächtigte. Drei Jahre lang arbeitete darauf 
Bonifacius als Gehülfe Wilibrords in Friesland am Werke 
der Heidenbekehrung: dann ging er nach Thüringen und Hessen, 
und gründete im letzteren Lande das Kloster Amanaburg 
(Amöneburg). Auch genoß er hier die Freude, mehrere tau- 
sende von Heiden zu taufen. Im Jahr 733 unternahm er die 
zweite Reise nach Rom. Der Papst, der in ihm ein treffliches 
Rüstzeug zur Ausbreitung des Christentums erkannte, ließ 
ihn am Grabe des Apostels Petrus schwören, der römischen 
Kirche auf immer treu zu bleiben. Dann gab er ihm ein 
Empfehlungsschreiben an Karl Martell mit, und der Schutz
	        
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