Full text: Erzählungen aus der Geschichte des Mittelalters in biographischer Form (Teil 1)

Die Literatur der Aufklärung. 295 
gelesen ward, und diese Schriften durch ihre gefällige Form und geistreiche Dar¬ 
stellung allgemeines Interesse erregten. Fürsten, wie Friedrich II., Gustav Hl. 
von Schweden, Karl III. von Spanien, Katharina II. von Rußland, die grö߬ 
ten Staatsmänner aller Länder und viele einflußreiche Personen standen mit 
Loltaire und seinen gleichgesinnten Zeitgenossen in persönlichem oder brief¬ 
lichem Perkehr. Unter diesen Zeitgenossen sind besonders d'Alembert, Ma¬ 
thematiker und Philosoph, und der leichtfertige Dichter Diderot bekannt. 
Sie waren die Gründer eines encyklopädischen Wörterbuchs, das als 
Uebersicht alles menschlichen Wissens klar, großartig und frei, aber jedem hö- 
Hern Streben feindlich war und das Geistige dem Sinnlichen unterordnete. 
Von diesem Werk führten sie und ihre Gesinnungsgenossen den Namen En- 
eyklopädisten. — Die nächste Folge dieser schriftstellerischenThätigkeit war 
der Sieg der Aufklärung in den meisten Ländern Europa's. Dieser Sieg 
gab sich zunächst kund in der religiösen Duldsamkeit, in dem erfolgreichen 
Kampf der Vernunft gegen Aberglauben und Vorurtheil, in den durchgreifen¬ 
den Reformen vieler Regenten und Minister; dann aber vor allem in der Auf¬ 
hebung des Jesuitenordens, in der Stiftung des Illuminatenbun¬ 
des, in dem lateinischen Buch des Weihbischoss Hontheim von Trier, (der 
unter dem Namen Febronius die Entstehung der päpstlichen Gewalt nach¬ 
wies und daraus ein neues Kirchenrecht abzuleiten suchte) und in den Bemü¬ 
hungen mehrerer deutschen Prälaten auf dem Kongreß von Ems („Ems er 
P u n ct a t i o n e n ''), der katholischen Kirche Deutschlands eine freie Stellung 
zur römischen Curie zu erwerben. 
Der Jesuiten-Orden (§. 352.), dessen Hauptbestreben war, die Aufklä¬ 
rung zu hindern, das Volk in Unmündigkeit zu erhalten und sich allen Reformen 
und Neuerungen entgegenzustellen, konnte in einer Zeit, wo die ganze gebildete Welt 
das Gegentheil anstrebte, nicht lange bestehen. Als daher der Minister P ombal in 
Portugal die Jesuiten-Collegien schließen und die Ordensglieder in den Kirchenstaat 
bringen ließ, und als in allen von dem bourbonischen Fürstenhaus regierten Län¬ 
dern (Spanien, Neapel, Parma) Pombals Beispiel Nachahmung fand, sah sich 
Papst Clemens XIV., ein freisinniger, verständiger Kirchenfürst, bewogen, die „Ge¬ 
sellschaft Jesu" auszuheben. Dies nöthigte auch Maria Theresia, dieden 
Orden lange in Oestreich zu halten gesucht, in die Aufhebung zu willigen, und auch 
in Bayern und den übrigen katholischen Ländern Deutschlands vollzog man den 
päpstlichen Befehl. Doch hörte darum die Wirksamkeit der Ordensglieder nicht auf. 
Erjesuiten verfolgten das Ziel der Gesellschaft mit ungestörter Beharrlichkeit 
und widerstrebten dem Zeitgeiste. Um ihre Wirksamkeit zu lähmen stiftete Adam 
Weißhaupt, Professor in Ingolstadt, in Verbindung mit Knigge u. A. den 
geheimen Bund der Jlluminaten, welcher, nach Art des Freimaurer-OrdenS, 
Aufklärung des Volks und Vervollkommnung der Menschen zum Zweck hatte. Ihr 
Kampf gegen die Erjesuiten, Mönche und Geistlichen wurde bald durch die gericht¬ 
lichen Verfolgungen, welche die bayerische Regierung über sie verhängte, gehemmt. 
2. Her nordamerikanische Freiheitskampf. 
§• 454. In dem Kriege, den in den siebenziger und achtziger Jahren die 
britischen Kolonien Nordamerikas gegen daS englische Mutterland führten, er¬ 
blickte das von Rousseau's Ideen und Träumen erfüllte Europa den Anfang 
jenes großen Kampfes, durch den die Menschheit in den Zustand paradiesischer 
Glückseligkeit eintreten sollte, eines Kampfes, durch dessen siegreichen Ausgang 
die angebornen Menschen- und Volksrechte und die demokratische Gleichheit 
d'Alem- 
bert 
1717— 
1783. 
Diderot 
1713— 
1784. 
1773. 
1785. 
1759 
1773. 
1777.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.