120 Die Zeit der Kreuzzüge. Das Interregnum.
Geld zur Pflege des heiteren Spieles der Gesänge. Das Rittertum
verlor mit der Beendigung der Kreuzzüge sein hohes Streben, und
rem Kaiser eröffnete semer Kampfeslust ein würdiges Feld. Daher
wandten die Ritter in blutigen, ziellosen Fehden ihr Schwert gegen
den Burger, gegen die Fürsten und gegen sich selbst. Die Burgen
aus welchen man frohes Ritterspiel getrieben und dem Gesänge
gehuldigt, wurden mit ihren Zinnen, Türmen und Mauern die
Sitze von Raubrittern, die dem Kaufmann auflauerten und die
Gefangenen m die tiefen Burgverließe stießen, um von ihnen ein
großes Losegeld zu erpressen. Diese rauhen Zeiten erstickten die
Poesie; sie flüchtete sich in die ummauerten Städte und lebte als
bescheidener Meistergesang noch mehrere Jahrhunderte fort, ohne
jedoch etwas Großes zu schaffen.
§ 10. £)üs Interregnum. Abschloß der Periode.
g.- Deutschland. Nach Konrads IV Tode (1254) war Wilhelm
von Holland alleiniger König; doch war sein Ansehen gering, und
1256 schon 1256 wurde er in einer Privatfehde erschlagen. Das wichtigste
Ereignis unter seiner Regierung war der Abschluß des großen rhei¬
nischen Städtebundes (1254), der sich die Ausrechterhaltung
des Landfriedens zum Ziele setzte und rasch emporblühte. Etwas
früher wurde durch ein Bündnis zwischen Lübeck und Hamburg
1241 (1241) der Grund zu dem mächtigen Hansabunde gelegt, der
bald den HmM der Ost- und Nordsee beherrschen sollte. Ueber-
Haupt warf sich jetzt die Thatenlust der deutschen Nation auf den
Osten und Norden. Schon Friedrich II und Papst Gregor IX hatten
(1226) dem Meister des deutschen Ritterordens, Hermann
von Salza, durch Verträge mit dem Herzoge von Polen ein neues
Feld der Thätigkeit im Lande der heidnischen Preußen eröffnet.
Mit dem Falle der christlichen Reiche im Oriente siedelte nun der
ganze Orden dahin über, und bald schuf das gute Schwert der
Ritter und der treue Fleiß des deutschen Bürgers dort einen mäch-
tigen Staat, der deutsche Sitte bis weit nach Norden und Osten
verbreitete. Die Städte Thorn, Danzig, Königsberg und
Marienwerder verdanken ihnen ihre Gründung.
Nach Wilhelms Tode (1256) konnte man sich nicht über eine
neue Königswahl einigen. Endlich wählten die einen den König
Alfons von Castilien, die andern Richard von Cornwallis,
den Bruder des Königs Heinrich III von England. Der erstere
hat nie, Richard nur selten das deutsche Reich betreten. Daher
begann jene „kaiserlose, schreckliche Zeit", in welcher nur das Recht
der Stärke galt, und die heilige „Feme",, ursprünglich ein Rest
ber alten Volksgerichte in Westfalen, eine über das ganze Reich
ausgedehnte Bedeutung gewann. In dieser Zeit brachte das Fürsten-
tum seine Landeshoheit zum Abschluß. Seitdem sind die Länder