8 Die Kirchentrennung. Reichstag in Worms. §. 3.
§• 3.
Die Kirchentrennung (Reformation).
1. In Deutschland.
Die nächste Veranlassung zu der großen Kirchentrennung in
Deutschland gab der Dominikaner Johann Tetzel als Verkündiger
des vom Papste Leo X. zur Vollendung der Peterskirche ansge-
schnebenen Ablasses. Gegen ihn trat Dr. Martin Luther auf.
Dieser war geboren zu Eislebeu im I. 1483 und wirkte zuerst als
Augustmermönch in Erfurt, dann als Professor der Theologie an
der Universität Wittenberg. Er schlug am 31. Okt. 1517 an der
Schloßkirche zu Wittenberg 95 Sätze oder Thesen an, welche die
kirchliche Lehre vom Ablaß behandelten, um seine abweichende Auf-
fafsung einzelner Teile dieser Lehre, nach der Sitte der Zeit, in
einer öffentlichen Disputation zu verteidigen. Der Papst forderte ihn
auf, sich wegen einiger Sätze in Rom zu verantworten, gab aber
auf die Verwendung des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen
und der Universität Wittenberg zu, daß der Streit auf dem damals
zu Augsburg versammelten Reichstage durch einen päpstlichen Be-
vollmächtigen, den Kardinal Kajetan, beigelegt werde. Dieser konnte
jedoch Luther nicht zum unbedingten Widerrufe bewegen; eine Dis-
putation, welche Dr. Eck, Professor der Theologie zu Ingolstadt,
mit Luther zu Leipzig hielt, führte keine Einigung herbei, vielmehr
entfernte sich Luther in seinen, zum Teil in deutscher Sprache ab-
gefaßten Schriften immer weiter von den Lehren der katholischen
Kirche. Daher erschien auf Ecks Vorstellungen eine päpstliche Bulle,
welche Luthers Haupt-Lehrfätze als ketzerisch verurteilte und ihn mit
dem Kirchenbanne bedrohte, wenn er nicht innerhalb 60 Tagen
widerrufe. Diese Bulle verbrannte Luther öffentlich vor dem Elster-
thore zu Wittenberg am 10. Dez. 1520, worauf er nebst seinen
Anhängern mit dem Kirchenbanne belegt wurde. Als Karl V., der
im I. 1519 seinem Großvater Maximilian I. als deutscher Kaiser
gefolgt war, im I. 1521 seinen ersten Reichstag in Worms
hielt, wurde auch Luther unter Verheißung sichern Geleites dahin
oeschieden. Da er die Widerrufung seiner Lehre verweigerte, entließ
ihn der Kaiser; Luther fand Schutz auf der Wartburg bei Eisenach,
wo er sich mit der deutschen Übersetzung der Bibel beschäftigte und
gegen die inzwischen erfolgte Ächtung gesichert war. Seine von
Philipp Melanchthon und anderen Gelehrten verteidigte Lehre kam