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uns hier als Beispiele dienen. Bei den ungeschriebenen Quellen,
den Überresten, sind wir meist auf Schlüsse angewiesen, um die
Art der Zustände oder Vorgänge, von denen sie herrühren, zu
erkennen: schriftliche Überlieferungen dagegen bezeugen eine Sache
in ganz bestimmter Weise. Funde von römischen Waffen z.B.,
die auf deutschem Boden gemacht sind, lassen uns wohl ver¬
muten, daß hier einst zwischen Römern und Germanen gekämpft
ist; als Tatsache erfahren wir dies aber erst aus den Berichten
der alten Geschichtschreiber.
Die Überreste der Vergangenheit reichen zurück bis in die
graueste Vorzeit. Aus Feuerstein und Knochen, dann aus Bronze
und erst viel später aus Eisen lernten die Menschen allmählich
ihre Geräte, Messer, Äxte, Pfeilspitzen, Hämmer, bereiten: man
spricht deshalb von einer vorgeschichtlichen Steinzeit, Bronze¬
zeit, Eisenzeit der Völker.
Und welch ein ungeheurer Weg von da bis in unsere Tage!
Schier zahllos sind die Baureste und Denkmäler, Bildwerke,
Waffen, Geräte und Fundstücke jeder Art, die aus allen Zeiten
und Ländern menschlicher Kultur uns überliefert worden. Wer
wollte sie überschauen! In den nachfolgenden Darstellungen wird
von solchen stummen Zeugen der Vergangenheit noch die Rede sein.
Den Beginn der eigentlichen Geschichte rechnet man von
dem Auftreten einer schriftlichen, wenn auch noch so einfachen
Überlieferung an: daher das Wort: „Die Weltgeschichte beginnt
mit den Ziegelsteinen", d. h. den mit ältesten Schriftzeichen ver¬
sehenen babylonischen Tontafeln, die zurückreichen bis in das
5. Jahrtausend v. Chr.
Die schriftlichen Zeugnisse der Geschichte sind in ältester Zeit,
wie die Keilschriftzeichen der Babylonier, die Bilderzeichen der
Ägypter, Inschriften zu praktischen oder religiösen Zwecken:
nach Tausenden von Jahren erzählen sie uns von den Sorgen
und Mühen, den staatlichen Dingen, der Götterfurcht der Menschen.
Ungleich wichtiger als Steininschriften sind aber die eigentlichen
Geschichtswerke. Sie bilden die H'nuptquellen unserer Kenntnis
der Vergangenheit. Ihre Grundlage ist für die ältere Zeit der
Völker meist die mündliche Überlieferung in Erzählung, Lied und
Sage gewesen, deren Zuverlässigkeit natürlich nicht sehr groß ist;
erst wo die Schriftsteller sich auf Schriftzeugnisse stützen und
namentlich aus miterlebter Zeit berichten, gewinnen sie besonderen
Wert. Es gehören hierher Chroniken l^eitbücker). Annalen^(Jahr¬
bücher), Lebensbeschreibungen, Memoiren (Erinnerungen) u. a.
Auch Dichterwerke sind als Spiegelbilder der Zeiten und ihrer
Kultur von Bedeutung.