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mehr konnte; „der Tag seines Todes", sagt Treitschke, „war der erste
Rasttag seines Lebens".
Aus dern Vernunftrecht erfloß dem König auch die R e ch t s -
g l e i ch h e i t der Untertanen. „Vor der Justiz sind alle Leute
gleich", schrieb er im Müller-Arnold-Prozeß, „es muß nur nach der
Gerechtigkeit verfahren werden, ohne Ansehen der Person". Und ein
andermal erklärte er: „Meine Schuldigkeit ist, die Gesetze zu unter¬
stützen, nicht aber sie umzuwerfen." Ihnen unterstellte er bedingungs¬
los auch die höchsten Kreise: „es mus derjenige, welcher insamien be¬
gehet, und wenn er vom Königlichem Geblüte wäre, bestraft
werden!" Und wehe den Richtern, die es versucht hätten, das Recht
zu beugen!
Nicht minder unantastbar war ihm der Grundsatz der religiösen
Duldung. „Die Religionen", so entschied er gleich im Jahre
seiner Thronbesteigung, „müssen alle tollerieret [geduldet] werden und
muß der Fiscal ^Staatsvertreter^j nuhr das Auge darauf haben, daß
keine der andern abruch tuhe, den hier mus ein jeder nach seiner
Fasson selich werden". Uns erscheinen solche Gedanken als selbst¬
verständlich, aber damals waren sie es nicht; sie klangen vielmehr
unerhört im Munde eines Fürsten und erregten das Staunen der
Zeitgenossen.
So machte Friedrich Preußen zum ersten europäischen Rechts-
st a a t e. Zugleich vollendete er aber durch seine auf strenge Ordnung
gerichtete Verwaltung die st a a t l i ch e E i n h e i t der Monarchie.
Und wie hat er über alle Zweige der Verwaltung gewacht,
alle Gebiete des Volkslebens, alle Stände und Tätigkeiten, Schule
und Bildung, Handel und Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft,
gefördert! Unendlich vieles ist darüber geschrieben worden. Wie
ein roter Faden zieht sich vor allem die Sorge für die Armen, die
wirtschaftlich Schwachen und Unmündigen durch seine ganze Regie¬
rung. Ihr Vormund wollte Friedrich sein, und so war er in Wahr¬
heit ein sozialer König.
Wie er insbesondere mit vollen Händen nach dem Siebenjährigen
Kriege gab, um der bedrängten Armut aufzuhelfen, bleibt ihm allezeit
unvergessen.
Fassen wir des Königs Regierungskunst in einem Überblicke
zusammen, so schildert sie uns niemand besser als der oben genannte
Gustav F r e y t a g:
„Die ersten dreiundzwanzig Jahre seiner Regierung hatte Friedrich der
Große gerungen und gekriegt, seine Kraft gegen die Welt durchzusetzen; noch
dreiundzwanzig Jahre sollte er friedlich über sein Volk herrschen als ein weiser
und strenger Hausvater. Die Ideen, nach denen er den Staat leitete, mit
größter Selbstverleugnung, aber selbstwillig, das Größte erstrebend und auch