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Erstarken des Staates, dessen „ruhender Pol" der Senat ist, nach
innen und nach außen berichten uns die Geschichtsbücher der Römer.
Zwei jährliche Konsuln führen die oberste Verwaltung. Die
Plebejer erzwingen aber 494 die Einsetzung zweier (später mehrerer)
Tribunen, die das Recht haben, volksfeindliche Gesetze und An¬
ordnungen durch ihr Veto („= ich verbiete") zu vereiteln; „ein
Veto gegen etwas einlegen" sagen wir noch heute. „Zehnmänner"
zeichnen um 450 die Gesetze auf, wie einst Drakon in Athen.
Um jene Zeit lebte der Mann, der eines Tages vom Pfluge her
zur obersten Gewalt im Staate berufen wird: das ist der wackere
EincinnLtus, dessen Namen noch heute die große Stadt Cincinnati
in Nordamerika, die „Königin des Westens", bewahrt.
Ein Menschenalter später brechen die wilden Gallier in Italien
ein. Den Unglückstag an der Allia, am dritten Meilensteine
OO i ? vor Rom, und den Fall ihrer Stadt — es war um die Zeit
des griechischen „Königsfriedens" — haben die Römer nie vergessen.
Heißumstritten, wird der Zutritt zum Konsulamte endlich 366
auch den Plebejern zuteil, doch fallen die letzten Standesvorrechte,
Privilegien, der Patrizier erst nach weiteren sechzig Jahren.
Und nun — Roms Heldenzeit! Geschichte und Sage
mischen die Farben zu ihrem Bild. Es ist das Menschenalter der
Kämpfe mit den Latinern und Samnitern um die Zeit
Alexanders des Großen und der Diadochen: ausgeschmückt mit
Toten wie der Todesweihe des Decius Mus und der blutigen
Vaterstrenge des Manlius Torquäius. Schwerer, aber auch ruhm¬
reicher ist der Kampf mit Pyrrhus, 282—272. In der Abruzzen¬
schlacht bei Benevent, 275, schlagen die Römer den Epirotenkönig
endlich aus Italien hinaus; sie nahmen die Griechenstadt Tarent
(nach der die Tarantelspinne benannt ist) und vollenden die Unter¬
werfung Italiens; griechische Kultur hält ihren Einzug in Rom.
Die Zeit der Blüte beginnt (— 133).
Doch ruhelos ist der Dämon des Schwertes. Er treibt die
Römer in den Krieg mit dem punischen (phönizischen) Karthago;
blutig prallen die Gegensätze zwischen Ariern und Semiten, Land¬
macht und Seegewalt, Bauernstaat und Kaufmannsstaat, Volks¬
heer und Söldnertum aufeinander. Der Siegespreis des ersten
punischen Krieges, 264—241, ist für Rom die Insel Sizilien. Aber
dann erhebt sich zum zweiten Kriege, 218—201, der große Punier
91 ß Hannibal*. Rasche Schläge zerschmettern römische Legionen
^ Oberitalien; bei Eannae erlebt Rom den größten Un¬
glückstag seiner Geschichte. Doch das punierfrenndliche Syraküs
1 Vgl. den Gernäldekranz von Rethel: „Hannibals Alpenübergailg".