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überlegenen Hannoveraner den Sieg, doch erhielten die Preußen
starken Zuzug, und der blinde König mußte kapitulieren, d. h. die
Waffen strecken. Seine Truppen wurden aufgelöst und in die Heimat
geschickt; er selbst eilte nach Wien.
§ 117. Königgrätz. Inzwischen hatte die sächsische Armee sich
nach Böhmen zurückgezogen und dort mit den Österreichern ver-
einigt. Schnell rückten auch die drei preußischen Armeen unter dem
Kronprinzen, dem Prinzen Friedrich Karl, dem
Sieger von 1864, sowie dem General HerwarthvonBitten-
f e l d von Sachsen und Schlesien aus in Böhmen ein. Die feindliche
Hauptmacht nahm Stellung vor der Festung Königgrätz an
der Elbe; ihre vorgeschobenen Heeresteile wurden in einer Reihe
von Gefechten, bei Trautenau, Nachod, Münchengrätz, Gitschin und
Skalitz, geschlagen und auf die Hauptarmee zurückgeworfen.
Alsbald fiel die Entscheidung bei Königgrätz. Die -«
Schlacht war an Zahl der Streiten die größte des neun- lOÖÖ
zehnten Jahrhunderts; noch 30 000 Mann mehr nahmen an 3,3uIi
ihr teil als an der Leipziger Völkerschlacht. Im ganzen standen
215 000 Preußen gegen 220 000 Österreicher und Sachsen. Mit
furchtbarem Geschützfeuer begann um die achte Morgenstunde die
Schlacht. Prinz Friedrich Karl kämpfte bei dem Dorfe S a d o w a ,
während ihm zur Rechten Herwarth von Bittenfeld mit der Über-
macht des Feindes rang. Tausendfachen Tod sandten die feindlichen
Kanonen von den Höhen von C h l u m herab in die Reihen der
Preußen.
Bereits schien sich der Sieg auf die Seite der Österreicher zu
neigen: da erschien zur rechten Stunde, wie einst Blücher bei Water-
loo, der Kronprinz mit seiner Armee auf dem Schlachtfelde. Grund-
lose Wege hatten den Marsch seiner Truppen erschwert. Mit unwider-
stehlicher Wucht stürmte das Gardekorps die verderbendräuenden
Höhen; dann noch ein letzter, furchtbarer Kampf der Reitermassen
in der Niederung — und um 4 Uhr nachmittags war die Niederlage
der Österreicher entschieden. Fluchtähnlich zog sich die geschlagene
Armee zurück. Die Opfer auf beiden Seiten waren schwer; 30 000
Feinde, 10 000 Preußen bedeckten tot oder verwundet die Walstatt.
Zwischen dem Einmärsche der Preußen in Böhmen und der
großen Schlacht hatte kaum eine Woche Zeit gelegen: der „sieben-
tägige Krieg" war entschieden. „Bei Königgrätz — dem König
gerät's", sagten die Soldaten. Benedek dachte nicht mehr an Sieg
und zog sich nach Mähren und auf Wien zurück. Unaufhaltsam
rückten die preußischen Truppen alsbald gegen das Herz der Habs-
burgischen Monarchie vor. Sie besetzten Prag, das einst Friedrich der
Große vergeblich bestürmt hatte, und marschierten der Donau zu;