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Auf Bänken, die um den Herd zusammengeschoben werden,
verzehrt die Familie das kräftige Mahl. Sind Knechte und Mägde
auf dem Gehöfte, so nehmen auch sie daran teil. Nach dem Mahle
streckt sich der Mann auf die sprichwörtlich gewordene „Bärenhaut"
am Herde nieder; die Frau aber spinnt und webt oder schafft mit
Schaufel und Hacke auf dem Felde.
§ 6. Besondere Gewohnheiten. Nicht immer verfließt der Tag
so eintönig. Hat der Hausherr Gäste, so geht es hoch her. Die
G a st f r e u n d s ch a f t ist, wie bei allen Naturvölkern, unbeschränkt.
Man schmaust oft, bis der Vorrat an Fleisch und Brot aufgezehrt ist.
Dann bricht der Wirt mit seinem Gast auf, und ungeladen treten
sie in das Haus eines beliebigen Nachbarn, der ebenfalls gern mit
ihnen teilt, was er hat. Das mit Met gefüllte Horn des Urs, das oft
schon mit Silber eingefaßt ist, macht bei Gesang die Runde, und der
Trunk berauscht die Sinne. Dann greifen die Männer zu den
Würfeln; die Leidenschaft des Spieles wächst und wird nicht
selten so groß, daß selbst Hab und Gut, ja die Freiheit von Weib und
Kind und der eigenen Person „aufs Spiel gesetzt" werden. Zuweilen
kommt es unter den Zechenden auch zu Hader und Streit; leicht er-
wacht im Trünke der Geist blutiger Zwietracht. Dann wird das
Gebot der Gastfreundschaft vergessen, und Verwundung und Tot¬
schlag brechen gar den Frieden des Gehöftes.
Ist der T o d in der Familie eingekehrt, so wird ein Baumstamm
gespalten, ausgehöhlt und um die eingebettete Leiche wieder ge-
schlössen; unter Opfer und Gesang übergibt man den „Totenbaum"
der Erde. Auch birgt man eine Leiche oder im Falle von Verbrennung
ihre Asche in einer Steinkammer, die über der Erde aus rohen
Steinen errichtet und mit einem Erdhügel überdeckt wird; solche
Hünen-, d. h. Heldengräber finden sich noch heute.
§ 7. Die Stellung der Frau. Die Ehe, d. h. Gesetz, war den
Germanen ein heiliges Band. Sie kam der Form i?ach zustande,
indem der Mann die Braut von ihrem Bater oder ihrem nächsten
männlichen Verwandten kaufte. So bildete sich die Sitte, daß auch
die Ausstattung von dem Mayne ausging. Sie bestand nicht etwa
in häuslichen Gegenständen, sondern in Rindern, einem gezäumten
Roß, Schild, Schwert und Speer; als „Angebinde" empfing er von
der Frau eine Waffe oder Rüstung.
Rechtlich stand die Frau zeitlebens unter der „Munt", D. h.
Gewalt, des Mannes; er war ihr wie auch der Kinder Vormund und
schuldete als solcher niemandem Rechenschaft. Ihm, dem Frö, d. h.
Herr, mußten alle „frönen". Schwer und drückend war des Weibes
Los; selbst die Sorge für die Feldarbeit ruhte auf ihren Schultern,
während der Mann nach eigenem Behagen ein „Herrenleben" führte.