Full text: Deutsche Geschichte im Mittelalter (Teil 4)

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Schild. Er war der erste, der einen Germanenstaat auf römischem 
Boden zu errichten strebte. Nach einem Beutezug über den Balkan, 
der bis nach Athen und Olympia ging, bedrohte er Italien. Eilends 
wurden zum Schutze des Landes die gallischen Legionen herbei- 
gerufen, und nun fluteten die Franken, die Burgunder, die Ale- 
mannen unaufhaltsam über die wehrlose Rheingrenze ins Reich. 
§ 27. Die Plünderung Roms. Alarichs Tod. Einige Jahre 
hernach erschien Ularich vor Rom selber. Durch ein ungeheures 
Lösegeld an Gold und Silber, Auslieferung alles kostbaren Haus- 
rates und der Sklaven germanischer Abkunft, 40 000 an der Zahl, 
kauften die Römer sich von der Plünderung frei. „Was willst du uns 
denn noch lassen?" klagten ihre Gesandten; „das Leben !" höhnte der 
König. Bald kam er zum zweiten Male, und jetzt verfiel die Stadt, 
ah r\ die feit dem Eindringen der Gallier keinen Feind mehr in 
ihren Mauern gesehen Hatte, einer dreitägigen, von Mord 
und Brand begleiteten Plünderung. Doch übten die Goten Schonung 
gegen die Kirchen; wer sich an einen Altar flüchtete, war sicher vor 
ihrer Wut. 
Roms Fall, den einst der jüngere Scipio auf den Trümmern 
von Karthago geahnt hatte, erregte gewaltig die Gemüter der Zeit- 
genossen. Die Heiden schoben die Schuld an dem großen Unglück 
auf die Christen; sie hätten den Zorn der Götter auf Rom herab- 
gezogen. Zur Verteidigung des Christentums schrieb damals 
Augustinus, der große Sohn der frommen Mönifa, der als 
Bischof in der nordafrikanischen Stadt Hippo lebte, sein be- 
rühmtes Buch „Vom Staate Gottes". 
Von Rom wandte sich Alarich nach Unteritalien, um nach 
Sizilien unb Afrika überzusetzen. Da raffte der Tod den erst 34jähri- 
gen Germanenhelben jäh hinweg. Im Bette bes Bnsentoflnsses 
bereiteten bie Goten ihrem geliebten Könige ber Sage nach, bie von 
bem Dichter P I a t e n verherrlicht ist, bie letzte Ruhestätte. 
Dann zogen sie trauernb nach bem süblichen Gallien weiter 
unb grünbeten in bem entvölkerten Gebiete ben ersten Ger - 
manen st aat auf römischem Boben. Die Hauptstabt bes neuen 
Reiches, bas sich balb auch über Spanien ausbehnte, würbe T o u - 
l o u s e an ber Garonne. 
§ 28. Attila, über bie Hunnen, bie sich in ber weiten Grasebene 
ber Theiß gelagert hatten, herrschte um bie Mitte bes fünften Jahr- 
hnnberts ein gewaltiger Heerkönig. Die Goten nannten ihn Attila, 
d. h. Väterchen. Alle Völker von ber Wolga bis zum Rhein mußten 
ihm Zins unb Heeresfolge leisten. In seiner hölzernen Hofburg lebte 
er schlicht unb rauh gleich bem geringsten Kriegsmarine; er aß unb 
trank, wie ein römischer Augenzeuge berichtet, aus Geschirren von
	        
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