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III. Die Hohenstaufen.
die Reste ihrer mächtigen Mauern unzerstört, aber die Ansiedler, die sich dahinter
niederließen, führten das Leben von Dorfbewohnern. Ihnen genügten die
Märkte, die an den Hauptplätzen des Gaues abgehalten wurden, und die sich
mit wachsendem Wohlstand allmählich mehrten. Das Recht, einen Markt
abhalten zu lassen, stand allein dem Könige zu, er verlieh es an Bischöfe
und Fürsten. Auf dem Marktplatz wurde das Kreuz mit dem Schwerte, dem
Symbol der königlichen Gerichtsgewalt, ausgerichtet und im Namen des
Königs für den Marktfrieden gesorgt.
Die ersten Städte entstanden an Bischofssitzen (vgl. § 34 u. § 39 ff.) und
bei den Pfalzen des Königs, andere wurden von Fürsten gegründet, und end-
lich verfuhr man bei ihrer Anlage ganz planmäßig. Der Fürst, der eine
Stadt zu gründen beabsichtigte, ließ zunächst das Stadtgebiet abstecken, er-
nannte einen seiner Ministerialen zum Lokator, der später die Erbvogtei
erhielt, und dieser teilte das Gebiet in Bauhöfe ein und überwies sie gegen
eine Zinsverpflichtung an die zuziehenden Einwohner.
Aus Freien und Unfreien, Grundeigentümern und Pächtern, Kauf-
leuten, Handwerkern und Ackerbauern setzten sich die Bewohner der Stadt
zusammen. Nicht ohne weiteres wurde der Hörige vom Lande seiner
bisherigen Verpflichtung gegen seinen Herrn ledig, sondern erst wenn es
dieser unterließ, binnen Jahr und Tag seine Ansprüche gegen ihn geltend
zu machen, erlosch die Abhängigkeit. Nach dem Sprichwort, „daß Stadt-
luft frei macht", strömte die hörige Bevölkerung vom offenen Land in die
Stadt. Auch verschafften sich einzelne Landbewohner das Bürgerrecht, um
die mit ihm verbundenen Freiheiten zu genießen, ohne ihren Wohnsitz
außerhalb der Mauern aufzugeben. Dies sind die sogenannten „Pfahl-
bürger". Innerhalb der Stadt erhoben sich „die Patrizier" oder
„die Geschlechter", die reichen Einwohner, über die übrigen. Sie brachten
das Recht an sich, daß die Ratsstellen nur mit ihren Mitgliedern
besetzt wurden.
Nach ihrer Berufstätigkeit waren die Bürger der Stadt in Gilden
und Zünfte gegliedert, festgeschlossene Körperschaften, die ihre Mitglieder
ebenso kräftig schützten, wie sie sie strengen Satzungen unterwarfen. Die
Einwohner mußten bei ihnen kaufen, aber feste Preise waren für die Waren
festgesetzt, und die ganze Zunft leistete für die Güte der Arbeit Gewähr.
Jeder Meister mußte einer Zunft angehören, die in alle Verhältnisse seines
Lebens eingriff, aber er nahm auch an ihren Ehren und Festen teil.
Die Verfassung der Städte. Ursprünglich ist der Herr des
Grund und Bodens, auf dem die Stadt steht, auch Stadtherr und
nimmt seine Rechte durch den Stadtschultheißen wahr. Allmählich aber
bringt der Rat, sei es durch Gewalt oder durch Kauf oder Tausch, die
Rechte des Stadtherru an sich. Die Verwaltung der Stadt liegt nun
in den Händen des Rates, der für den Bau und die Unterhaltung der
Stadtmauern, für die Kriegstüchtigkeit des nach Zünften geordneten
Heeres zu sorgen. Recht und Gericht wahrzunehmen hat. Um ihre
Geldbedürfnisse zu befriedigen, führen die Städte neben direkten Steuern
dasUngeld, die Akzise, ein. Den Glanz und den Reichtum unserer alten
Städte, das Selbstgefühl des Bürgers bringen noch heute ihre stolzen
Bauten, Stadtmauern und -türme, Kirchen, Rathäuser, Zunfthäuser, Brunnen
und Denkmäler zum Ausdruck.