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Die neueste Zeit.
keine bestimmende Tätigkeit ausgeübt. Jetzt wurde die Selbstverwaltung
der Gemeinden weiter durchgeführt (vgl. § 32). Tie Geschäfte sind zwischen
den Staatsbehörden und den Organen der Selbstverwaltung geteilt.
Die Einteilung der Monarchie in Provinzen, Regierungsbezirke und
Städte ist beibehalten worden; an der Spitze der Provinzen stehen die Ober-
Präsidenten, in den Regierungsbezirken die Regierungen und Regierungs¬
präsidenten, in den Kreisen die Landräte.
Die wichtigsten Kommunalverbände sind folgende: die Gemeinden
sind entweder Stadt- oder Landgemeinden, die Landgemeinden entweder Dorf-
gemeinden oder Gutsbezirke. Die Dorfgemeinde bilden die Besitzer der
in einem Dorf oder dessen Feldmark gelegenen Grundstücke, sie treten zur
Gemeindeversammlung zusammen, der Vorstand besteht aus dem gewählten
Gemeindevorsteher und mindestens zwei Schöffen. Im Gutsbezirk hat der
Besitzer des Gutes dieselben Pflichten und Leistungen wie die Dorfgemeinde,
der Gutsbesitzer nimmt die Stellung des Gemeindevorstehers ein.
Mehrere Landgemeinden und Gutsbezirke sind zu einem Amtsbezirk
unter einem Amtsvorsteher, der namentlich die Polizei verwaltet, vereinigt.
Der aus Vertretern der zugehörigen Gemeinden und Gutsbezirke gebildete
Amtsausschuß wirkt bei der Verwaltung mit.
An der Spitze des Kreises steht der Landrat, der Kreistag und
der Kreisausschuß. Der Landrat gehört der Staatsverwaltung an und
ist auch der Leiter der Selbstverwaltung. Der Kreistag vertritt den Kreis
und hat über seine Angelegenheiten Beschlüsse zu fassen. Er besteht aus
mindestens 25 Kreisangehörigen, die auf sechs Jahre aus den zum Kreise
gehörigen Städten, den Landgemeinden und den größeren ländlichen Grund-
besitzern gewählt werden. Der Kreistag stellt den Kreishaushalt und die
Kreissteuern fest. Der Kreisausschuß verwaltet den Kreis. Er besteht
aus dem Landrat als Vorsitzendem und sechs auf die Dauer von sechs Jahren
gewählten Mitgliedern, die dieses Amt als Ehrenamt unentgeltlich verwalten.
Der Kreisausschuß ist der Mittelpunkt der Selbstverwaltung des Kreises.
Sämtliche Kreise einer Provinz bilden den Provinzialverband, der
diejenigen Aufgaben, die über die Kräfte der einzelnen Kreise hinausgehen
und für die ganze Provinz von Bedeutung find, zu erfüllen hat. Die
Organe der provinzialen Selbstverwaltung sind der Provinziallandtag,
der Provinzialausschuß und der Landesdirektor.
Der Provinziallandtag wird vom König berufen, er besteht aus
Abgeordneten, die in den Landkreisen von den Kreistagen, in den Städten
von Magistrat und Stadtverordneten gemeinsam auf sechs Jahre gewählt
sind. Der Provinzialausschuß zählt sieben bis dreizehn Mitglieder und
versammelt sich, so oft es erforderlich ist, er hat über die laufenden Ge-
fchäfte Beschluß zu fassen und das Vermögen der Provinz zu verwalten.
Der Landesdirektor ist der oberste Beamte der Selbstverwaltung, er wird
vom Landtage gewählt und vom König bestätigt, er nimmt die laufenden
Geschäfte wahr und führt die Beschlüsse des Ausschusses aus.
§ 76. Die Eisenbahnen. Die Finanzen. In Preußen wurden Eisen-
bahnen anfangs nur von Privaten gebaut und vom Staat gefördert. Später
baute er auf eigene Rechnung neue Strecken, insbesondere in denjenigen
Gegenden, die von der Natur weniger begünstigt sind. Der Besitz des