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zusammengelaufen waren, als sie den stattlichen Offizier in das Haus
hatten gehen sehen. Sie kamen vor das Georgentor an den Schlagbaum.
Der Rittmeister zählte bis zum dritten Baum vom Schlagbaum links
an der Landstraße, ließ einen Spaten bringen und aufgraben, und
siehe, da stand die kupferne Flasche, ganz wie er sie hingestellt, als er
Berlin den Rücken gekehrt hatte.
Nun konnte auch der Meister keinen Zweifel mehr hegen, und alle
gingen wieder zurück in des Meisters Haus. Der Rittmeister schritt
voraus mit der Bierflasche; er behauptete, um ein ehrlicher Mann zu
sein, müsse er die Flasche, wie ihm vor achtzehn Jahren befohlen sei,
dem Meister ins Haus tragen.
4. Dort wurde nun angesichts aller die zinnerne Schraube von der
kupfernen Flasche genommen. Von dem Biere hatte sich etliches verzehrt,
der Rest aber war mit einer dicken Haut bewachsen. Als aber der Ritt—
meister das Bier kostete, hat er es so gut befunden wie nur irgend
ein Bier auf der Welt; ja, er meinte, man könne Kranke damit laben
und gesund machen. Darauf hat er auch den Meister und die Nachbarn
davon kosten lassen, und alle konnten das Bier nicht genug bewundern
und loben.
Ob der Rittmeister seinen Vater und seine Mutter zu Bernau noch
wohl und am Leben angetroffen, wissen wir nicht, doch wollen wir es
ihm von Herzen wünschen.
5. Aus der Geschichte können wir aber mancherlei gute Lehren
ziehen: Man soll niemand für gering ansehen, weil man nicht weiß,
was aus ihm noch werden kann. — Man soll seine böse Zunge hüten.
Man soll neuem Gesinde alles ganz deutlich sagen, was es zu tun hat,
und nicht denken, sie wüßten es schon oder könnten leicht begreifen, wie
es gemeint sei. Endlich trifft nicht immer das Sprichwort zu: Schuster,
bleib bei deinem Leisten!
Uach Gustav zu Putlitz. Bearbeitet von Walter Nohl,)
238. Das Möskefest in Rheinsberg.
1. Es ist acht Tage vor Pfingsten. Der Frühling hat in der Mark
seinen Einzug gehalten, Lenzesluft weht, mit leuchtendem Blau spanut sich
der Himmel über die blumengeschmückte Erde. Da lade ich dich ein, mit
mir dem freundlichen Rheinsberg einen Besuch abzustatten, um dort ein lieb—
liches Maienfest zu feiern. In wenigen Stunden führt uns die Bahn von