Sueben. Cäsar und Ariovist. §§ 6—8. 9
15000 stieg ihre Zahl allmählich auf 120000. An ihrer Spitze stand als
Herzog, von den Römern mit dem Titel eines Königs geehrt, Ariovist,
der, in das fruchtbare, lockende Land von den uneinigen Bewohnern selbst
hereingerufen, nun nach dessen völliger Eroberung trachtete.
§ 7. Dies geschah um dieselbe Zeit (58 v. Chr.), als Gaius Julius
Cäsar in Gallien für den römischen Staat neue Erwerbungen, für sich
Ruhm und die künftige Alleinherrschaft suchte. Das zunächst bedrohte
Volk der Häduer rief ihn gegen Ariovist zu Hilfe. Cäsar erkannte, daß
die Germanen, wenn sie erst Gallien in Besitz genommen hätten, sehr ge-
fährliche Nachbarn für das römische Reich werden und bald genug auch in
Italien einzudringen versuchen würden. Dann konnten die Zeiten wieder-
kehren, in denen Rom vor den Kimbern und Teutonen gezittert hatte.
So griff er ein: mit dem Stolze des echten Römers entbot er den deutschen
Heerführer wie ein oberster Schiedsrichter vor sich. Doch Ariovist erwiderte
nicht minder stolz, wenn er etwas von Cäsar brauche, würde er zu Cäsar
kommen; sonst könne jener zu ihm kommen; er begreife überhaupt nicht,
was Cäsar in seinem Gallien, das er im Kriege besiegt, zu suchen habe.
So griff man zu den Waffen. Der Kampf war für Cäsar nicht leicht.
Auch er mußte, wie einst Marius, erst die Verzagtheit seiner Legionen über-
winden, die sich fürchteten, mit Männern zu kämpfen, die, wie die Gallier
ihnen erzählten, schon durch ihre Mienen und ihre blitzenden Augen Schrecken
erregten. Nachdem ihm dies gelungen war, besiegte er den Ariovist an der
kleinen Doller unweit der jetzigen Stadt Mülhausen im oberen Elsaß und
trieb ihn und die wenigen seiner Leute, die dem Gemetzel entrannen, die
Jll hinab über den Rhein. Die Sueben waren vom linken Rheinufer
vertilgt. Milder war der Sieger gegen die germanischen Völker, die mit
Ariovist verbündet gewesen waren. Die Reste der Triboker, Nemeter
und Vangionen traten unter römische Botmäßigkeit und blieben aus dem
linken Rheinufer zwischen dem Strom, dem Wasgenwald und der Haardt
als Schutzwehr gegen ihre eigenen Landsleute angesiedelt.
Bei der nun folgenden allgemeinen Unterjochung der Gallier und
Velgen (58—50 v. Chr.) wurden auch die anderen deutschen Stämme, die
auf dem linken Ufer des Niederrheins seßhaft geworden waren, von Rom
abhängig. Und Cäsar war entschlossen, weiteres Eindringen germanischer
Scharen um jeden Preis zu verhindern. Das mußten die Tenktsrer und
Usipeter zuerst an sich erfahren, die, von den Sueben im Rücken gedrängt,
den Rhein überschritten hatten: sie wurden von Cäsar mit römischer
Treulosigkeit vernichtet (55 v. Chr.). Doch erhielten sich die Reste von ihnen
auf dem rechten Rheinufer; sie wohnten anfangs nördlich von der Lippe,
später zwischen Sieg und Main. Nach solchen Siegen konnte es Cäsar
unternehmen, zweimal eine Brücke über den Rhein zu schlagen und als der
erste Römer seine Legionen über den herrlichen Fluß zu führen (55 und
53 v. Chr.). Tiefer jedoch in das von Wäldern beschattete, ihm selbst
unheimliche Land einzudringen wagte er nicht. Von dieser Zeit an galt
der Rhein als Grenzfluß zwischen dem römisch gewordenen Gallien und
dem freien Germanien.
§ 8. Cäsar selbst gibt in seinen Schriften die erste genauere Kunde
von dem Lande und seinen Bewohnern: er zuerst unterschied die Germanen
von den Kelten. Er rühmt ihre Kriegstüchtigkeit, ihre Abhärtung, ihre
Gastfreiheit, die Reinheit ihrer Sitten. Im Innern ihres Landes kennt er
den großen hercynischen Wald (Gesamtname für die Gebirgszüge vom