Full text: Geschichte des deutschen Volkes

Beginn des Freiheitskrieges. Groß-Görschen und Bautzen. § 647—649. 369 
Wir schwören, steh'n zu wollen den Geboten 
Des Lands, des Mark wir tragen in den Röhren, 
Und diese Schwerter, die wir hier empören, 
Nicht eh'r zu senken, als vom Feind zerschroten. 
Wir schwören, daß kein Vater nach dem Sohne 
Soll fragen, und nach seinem Weib kein Gatte, 
Kein Krieger fragen soll nach seinem Lohne, 
Noch heimgeh'n, eh' der Krieg, der Nimmersatte, 
Ihn selbst entläßt mit einer blut'geu Krone, 
Daß man ihn heile, oder ihn bestatte. 
Endlich der weiche, melodische Schenkendorf (geb. 1783, f 1819), der, 
obwohl mit gelähmtem Arm, doch wie Körner auch mit in den heiligen Kampf 
gezogen: 
Vaterland, in tausend Jahren 
Kam Dir solch' ein Frühling kaum! 
Was die hohen Väter waren, 
Heißet nimmermehr ein Traum! 
Diese Lieder*), Volkslieder im höhern Sinn, gingen, gleich den kämpf- 
freudigen Gesängen der Reformationszeit, zündend durch das ganze deutsche 
Land. Man besann sich, was man seit 600 Jahren schien vergessen zu haben 
daß es ein unveräußerliches deutsches Reich, ein deutsches Volk gebe So 
erklärten schon im Februar 1813 Männer aus den Rheinbundsstaaten unter 
ihnen die edelsten Namen, daß sie Deutsche sein, und die gemeinsame' Sache 
des Vaterlandes gegen die Bedrücker ergreifen wollten. 
21- Beginn des Freiheitskrieges. Groß-Görschen (2. Mai) und 
Bautzen (20. und 21. Mai). 
, v § ??beffen begannen die kriegerischen Bewegungen in Norddeutsch- 
land. Als m Preußen die erste Begeisterung erwachte, regte sich auch Ham- 
bürg mtt, bte alte deutsche Stadt, die, seit 1810 zum französischen Reich ae- 
zogen (§ 630), gleichfalls unglaubliche Bedrückungen erfahren hatte. Die Fran¬ 
zosen, nachdem bte gewöhnlichen grausamen Strafmittel nicht mehr anschlagen 
wollten zogen ab. Wenige Tage nachher (18. März) rückte eine Kosa en chaar 
unter dem kecken Retteranführer Tettenborn in die Stadt ein, die sie mit 
endlosem Freudeniubel empfing und sich nun für immer von den fremden Drän- 
gern befreit wähnte. Bald setzten russische Truppen unter Dörnberg (§ 623) 
auch über die Elbe. Am 2. April kam es zu einem Kampf vor und in Lüne- 
bürg, in welchem der französische General Morand fiel, die Stadt genommen 
wurde, und schone Thaten der Tapferkeit geschahen. So brachte ein Dienst¬ 
mädchen aus der Stadt Johanna Stegen, als das heldenmütige preußische 
Bataillon von Borke, welches an dem Treffen mit Theil nahm und zumeist in 
und vor der Stadt den Sieg entschied, sich verschossen hatte, mitten im heftigsten 
Kugelregen den Kriegern neue Munition. 
§ 649. Durch ganz N°rddeutschlaud, durch Hannover, Beftfalen, Olden- 
1' ™n,en' OstfrtSland, b>S au bte Grenzen Hollands warm die (Seiftet 
05 r* 66 ®ar em v-rhängnißvoller Fehler, daß die Verbündeten versäumten, 
*) Mit ihnen schließt zugleich der kurze Ueberblick über die Entwickeluna unserer 
Sprache, welcher tm Büchlein beiläufig mit gegeben ist Vera! SS 89 11 90 183 mih 
184, 307, 309, 320, 422, 423, 425, 437, 530, 538 2c 9 ^ " 
David Müller. Geschichte des deutschen Volkes. 3. Aufl. 24
	        
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